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Jedes Jahr verschwinden in Mexiko Menschen spurlos. Eine von ihnen ist die 22-jährige Perla Yajaira, ihre Eltern suchen verzweifelt nach ihr.

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Transkript
00:00Untertitelung im Auftrag des ZDF, 2020
00:30Wir sind traurig, fühlen uns ohnmächtig. Möglicherweise war unsere Tochter hier und ihre sterblichen Überreste liegen hier.
00:44So fühlt sich der Schmerz von fast 130.000 Familien in Mexiko an, die nach ihren vermissten Angehörigen suchen.
00:52Eine gefährliche und quälende Suche, die fast immer ohne Antworten bleibt.
01:00Wir sind in Sakatekas, wo der Albtraum für die Familie begann.
01:14Ihre 22-jährige Tochter Perla zog hierher, um als Kellnerin zu arbeiten.
01:19Einige Monate später, im Februar 2024, brach eine Gruppe von vermummten Bewaffneten in ihr Haus ein und entführte sie und ihren Freund.
01:31Hallo, guten Tag. Entschuldigen Sie, dass ich störe. Meine Tochter verschwand hier in Sakatekas.
01:36Damals, vor einem Jahr, kamen wir sofort, um unserer Enkelin zu helfen. Sie ist die Tochter meiner Tochter. Sie war ganz alleine in dem Haus.
01:43Antonio Gandara und Margarita Balvaneda mussten alles stehen und liegen lassen, um schnell nach Sakatekas zu ziehen und sich um Zoe zu kümmern.
01:54Perlas Tochter. Jetzt verkaufen sie Schokolade, um über die Runden zu kommen, in einer Stadt, in der sie niemanden kennen.
02:01Auch Fotos von ihrer vermissten Tochter verteilen sie.
02:03Die beiden werfen den örtlichen Behörden Untätigkeit vor. Es habe ein Jahr gedauert, bis endlich die Vermisstenanzeige veröffentlicht wurde.
02:15Sie sagten uns, dass keine Untersuchungen eingeleitet und keine Vermisstenplakate von ihr aufgehängt wurden, weil wir einige zusätzlich Dokumente nicht ausgefüllt und unterschrieben hätten.
02:26Darüber sind wir besonders verärgert.
02:28Die Ermittlungsbehörden haben den Vorwurf der Untätigkeit mehrfach zurückgewiesen und eine gründliche Untersuchung aller vermissten Fälle zugesichert.
02:38Zu einem Interview waren sie nicht bereit.
02:42Antonio trifft die Buscadora Sakatekas. Die Gruppe wird zwar von der Nationalgarde begleitet.
02:48Trotzdem sind sie bei ihren Suchaktionen auf abgelegenen Ländereien schon in Hinterhalte geraten und beschossen worden.
02:58Wir dürfen uns nicht bei unseren Namen nennen und wir dürfen nicht schreien und nicht pfeifen.
03:05Wir teilen uns in sechs Dreierteams auf.
03:08Wenn ihr ein Rohr seht und irgendetwas Seltsames, das nicht Teil der natürlichen Umgebung ist, dann fasst es nicht an.
03:14Es könnte eine selbstgebaute Granate sein.
03:22Ihre einzigen Werkzeuge, Spitzhacken, Schaufeln und Stangen.
03:26Die Stangen stecken sie in den Boden und prüfen, ob sie nach Verwesung oder Kalk riechen, den die Kartelle benutzen, um Leichen schneller verwesen zu lassen.
03:39Die Gruppe kommuniziert untereinander mit Pseudonymen, da die Gangs oft dieselbe Funkfrequenz benutzen.
03:45Der Tag endet mit einer Enttäuschung.
03:47Nichts wurde gefunden.
03:48Es ist traurig, wenn man nicht die Informationen bekommt, die man sich erhofft hat.
03:59Aber gleichzeitig auch eine Erlösung, wenn jemand gefunden wurde, wenn auch nicht lebendig.
04:03Denn die Familie hat dann einen Ort, an dem sie trauern kann.
04:12Sie muss nicht mehr mit der Ungewissheit leben.
04:14Es ist eine Trauer, die niemals enden kann, solange es keine Leiche gibt.
04:22Und ohne Leiche gibt es offiziell auch kein Verbrechen.
04:25Fast alle gewaltsamen Entführungen in Mexiko bleiben unbestraft.
04:29Die Zahl kletterte letztes Jahr mit über 13.000 Fällen auf einen neuen Höchststand.
04:36Hinter diesen Zahlen verbergen sich Familien, die um ihre verschwundenen Angehörigen bangen.
04:42So wie in Perlas Fall.
04:48Margarita erkannte die Tasche ihrer Tochter auf Fotos, die auf einer Ranch gemacht wurden, wo Menschen verschwanden.
04:55Perlas Eltern erzählen uns, die Behörden hätten Margaritas Aussage anschließend geändert.
05:02Sie schrieben, es ist anzumerken, dass Frau Margarita angibt, dass der Reißverschluss nicht mehr funktioniert hätte.
05:08Aber tatsächlich hat sie sowas nie gesagt.
05:09Aber so können sie die Tasche als Beweismittel ausschließen.
05:16Antonio und Margarita vermuten, die Behörden seien mit der gewaltigen Zahl von Vermissten überfordert und wollten deshalb weitere Untersuchungen vermeiden.
05:26Im Fall der Ranch in Jalisco wurden die meisten jungen Menschen mit falschen Jobangeboten angelockt.
05:31Tatsächlich wurden sie als Soldaten für die Kartelle eingesetzt oder zur Sexarbeit gezwungen.
05:39Margarita ist sich sicher, dass ihre Tochter nur eine kurze Zeit durch diese Hölle gehen musste.
05:45Sie träumt davon, dass Perla noch lebt.
05:48Mutter und Tochter standen sich sehr nahe.
05:50Sie war sehr liebevoll zu mir, fröhlich. Sie liebte es zu tanzen, zu singen. Sie war sehr lustig.
06:04Ich vermisse sie. Ich erinnere mich oft daran, wenn wir zusammen in den Park gegangen sind.
06:09Ich habe das Gefühl, dass mir etwas aus dem Herzen gerissen wurde.
06:20Margarita und Antonio entscheiden sich dafür, nach Guadalajara zu fahren, um sich die gefundene Tasche direkt anzusehen.
06:27Denn sie könnte ein entscheidendes Beweismittel sein.
06:31Von Zacatecas nach Guadalajara, der Hauptstadt des mexikanischen Bundesstaates Jalisco, sind es etwa 350 Kilometer.
06:38Eine Reise, für die sie eine Menge Geld sparen mussten.
06:43Unterwegs ist ihre Enkelin die einzige, die ihnen Kraft gibt und sie ab und zu zum Lächeln bringt.
06:52Auch wenn wir die Tasche als die unserer Tochter identifizieren können, bleibt auch die Frage, wo sie selbst ist.
06:58Wie es ihr geht. Ob sie überhaupt noch lebt oder tot ist.
07:01Mit mehr als 15.000 Meldungen im Jahr ist Jalisco der Bundesstaat mit der höchsten Zahl an vermissten Personen in Mexiko.
07:11Die Straßen von Guadalajara spiegeln das wider. Gepflastert mit Hunderten von Gesichtern.
07:17Die erste Anlaufstelle der Familie ist ein Sozialhilfezentrum.
07:20Sie wollen um finanzielle Unterstützung für Zoe bitten.
07:26Vor allem aber um psychologische Hilfe, um ihr Trauma zu verarbeiten.
07:31Einmal spielte die Vierjährige, wie sie einen Teddybären erstach.
07:34Ich höre, wie sie sagt, ich werde dich töten. Und dann drehe ich mich um und sehe, wie sie mit einem Teddybären spielt.
07:46Und mit der Ecke eines Kartons ihn damit in den Bauch sticht.
07:54Bei diesem Besuch finden sie bei mehreren Beamten sofort ein offenes Ohr.
07:59Es wird ihnen schnelle Hilfe versprochen.
08:01Doch bis heute haben Antonio und Margarita, erzählen sie uns, keine Unterstützung erhalten.
08:10Bevor Margarita und Antonio ihre Suche weiterführen, wollen sie Zoe bei Margaritas Schwester lassen.
08:17Sie glauben, dass sie dort sicherer aufgehoben ist.
08:21Gerade als sie bei Margaritas Schwester ankommen, hören sie die Nachricht vom Mord an der Anführerin der suchenden Mütter,
08:28Teresa González, in Guadalajara.
08:31Immer mehr Aktivistinnen und Aktivisten geraten ins Visier der kriminellen Banden.
08:40Sie hat Antonio und mir die Kraft gegeben, weiterzumachen. Wir lieben sie so sehr.
08:45Marta, ich überlasse dir mein kleines Mädchen. Pass gut auf sie auf.
09:00Wir haben Angst davor, den Namen meiner Tochter überall zu verbreiten.
09:03Bei allem, was gerade passiert, es läuft nicht gut.
09:07Ich habe Angst, dass wir nie wieder zurückkommen.
09:09Du benimmst dich und hörst auf deine Tante. Versprich es mir. Ich liebe dich, meine Prinzessin. Sei brav.
09:24Ich liebe dich, meine Prinzessin. Sei brav.
09:24Ich liebe dich, meine Prinzessin.
09:25Ohne Zoe gehen Perlas Eltern zur Gerichtsmedizin, wo die gefundenen Gegenstände von der Farm aufbewahrt sein sollen.
09:41Nach dem Besuch fünf weiterer Behörden wird ihnen schließlich mitgeteilt, dass die Beweisstücke nach Mexiko-Stadt zum Generalstaatsanwalt geschickt wurden.
09:53Wir sind ein bisschen enttäuscht.
09:55Ich denke, die verstecken sich vor uns. Sie halten Informationen zurück.
10:01Es ist unmöglich zu glauben, dass meine Tochter seit einem Jahr und einem Monat vermisst wird.
10:06Und es keine Fortschritte bei den Ermittlungen gibt.
10:10Ich glaube ihnen nicht mehr. Sie bringen mich von hier nach da, erzählen mir dies und das. Ich glaube ihnen nicht mehr.
10:17Die Ranch in Jalisco ist eine von vielen Hinrichtungsstätten.
10:20Wenige Kilometer entfernt wurde kürzlich eine weitere Horror-Farm entdeckt.
10:26Laut offiziellen Angaben wurden in Mexiko bis zum Jahr 2023 an fast 6000 Orten die sterblichen Überreste von Menschen gefunden.
10:35Die hohe Zahl zwang Polizei und Justiz zum Handeln.
10:39Einige Verhaftungen wurden vorgenommen, darunter auch zwei ehemalige Ermittler.
10:44Weitere Polizeikräfte stehen im Verdacht, mit den Drogenkartellen in Verbindung zu stehen.
10:50Ihr Glaube an Gott gibt Margarita und Antonio Kraft, auch für die letzten Kilometer zu der Farm, wo Perlers Tasche gefunden wurde.
10:59Ob das die Landschaft war, die ihre Tochter als letztes gesehen hat, fragen sie sich.
11:03Ich denke, dass sie nicht unter den Toten ist und dass sie stattdessen an einen anderen Ort zum Arbeiten gebracht wurde.
11:11Ich denke auch, dass die Behörden jetzt, nachdem all dies bekannt ist, die Ermittlungen ein wenig vorantreiben und unseren Fall weiterverfolgen werden, damit wir sie Leben finden können.
11:19Das ist die Hoffnung.
11:20Ein paar hundert Meter vor der Ranch wird klar, diesmal erfüllt sich ihre Hoffnung nicht.
11:29Auf der Ranch ein provisorisches Lager der Gerichtsmedizin, bewacht von dutzenden Soldaten.
11:36Vor dem Absperrband bleibt Margarita stumm.
11:39Sie hofft, dass Perla irgendwie von der Ranch entkommen konnte.
11:43Ich will sie sehen. Ich will sie sehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie dort drinnen ist.
11:51Diese Bilder, die schon gezeigt wurden, kommen wieder hoch. Das Schreckliche, das Grauen, das sie dort erlebt haben könnte.
11:58Schon wenn man hierher kommt, spürt man diese Atmosphäre.
12:02Du kümmerst dich um deine Kinder, siehst die groß und dann kommt jemand und stellt deine Welt auf den Kopf.
12:06Das ist schrecklich, das ist traurig.
12:08Eine Windhose zieht in diesem Moment vorbei.
12:15Für Antonio und Margarita ein Zeichen ihrer Tochter, das sie hoffen lässt.
12:19Das ist schrecklich, das sie hoffen lässt.
12:27Untertitelung des ZDF, 2020

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