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KurzfilmeTranskript
00:00:00Musik
00:00:30Der Angler nimmt unter seinen Mitmenschen eine besondere Stellung ein.
00:00:45Die anderen sind für ihn nicht vorhanden, er nicht für die anderen.
00:00:50Er ist der anerkannt Einsame auf dieser Erde.
00:00:55Niemand wird einen Angler ansprechen oder mit Fragen belästigen,
00:00:58vor allem nicht in Frankreich.
00:01:01Eher wird man einen Toten um Auskunft bitten, als einen der tausend Männer,
00:01:04die in und um Paris an den Ufern der Seine sitzen.
00:01:09Das ist Henri.
00:01:12Es ist warm an diesem Sommersonntag des Jahres 1939.
00:01:18Die Luft ist erfüllt vom Lärm fröhlicher Leute und vom Geräusch der Motoren.
00:01:25Nur die Angler schweigen.
00:01:28Und die Natur.
00:01:33Sie haben wohl keine Augen im Kopf.
00:01:41Lissi!
00:01:44Henri!
00:01:46Seit wann bist du denn unter die Angler gegangen?
00:01:48Bist du deswegen vor zwei Monaten verschwunden?
00:01:52Psst!
00:01:56Nicht mehr Henri, hörst du?
00:02:00Meinetwegen.
00:02:02Pierre.
00:02:02Durgent.
00:02:03Ach so.
00:02:05Immer noch das alte Laster.
00:02:07Sag mal,
00:02:09kannst du zur Abwechslung nicht mal wieder wie ein normaler Mensch leben, hm?
00:02:11Höflicher bist du auch nicht geworden.
00:02:33Musst du immer noch versteckt spielen.
00:02:42Lass das bitte.
00:02:44Du hast dich wirklich nicht verändert, Henri.
00:02:47Bezeihung, also Pierre.
00:02:49Oder Jean.
00:02:52Die Namen passen nicht zu dir.
00:02:53Ich werde dich mein Lieber nennen.
00:03:00Oder?
00:03:01Passt dir das nicht, mein Lieber?
00:03:12Störe ich dich?
00:03:13Wie kommst du darauf?
00:03:16Du siehst aus wie jemand, der eine Verabredung hat.
00:03:21Wie meinst du das?
00:03:24Wir haben uns zwei Monate nicht gesehen.
00:03:27Das kann doch allein passieren.
00:03:43Wie geht es dir sonst?
00:03:57Danke.
00:04:02Wovon lebst du?
00:04:04Wo wohnst du jetzt?
00:04:06Wie ist gerade kalt?
00:04:11Malst du noch?
00:04:13Ich meine, hast du eine größere Arbeit vor?
00:04:15Es gibt jetzt Wichtigeres.
00:04:17Angeln zum Beispiel.
00:04:20Das stimmt.
00:04:20Für Henri gibt es Wichtigeres als zum Malen.
00:04:24Ja, er sitzt hier, weil er eine Verabredung hat.
00:04:27Der vereinbarte Zeitpunkt ist aber längst überschritten.
00:04:29Er mag Lucie sehr,
00:04:30aber dieses unvorhergesehene Zusammentreffen
00:04:32passt ihm im Augenblick gar nicht.
00:04:37Für Lucie steht fest,
00:04:39dass sich Henri wieder einmal in eine gefährliche Sache eingelassen hat.
00:04:41Er hat ihr nie mehr als sachliches Interesse entgegengebracht
00:04:45und gerade dieses Verhalten ihres Studienfreundes von der Kunstakademie
00:04:49reizt sie.
00:04:51Sie spürt, dass ihm auf die bisherige Weise nicht beikommen kann.
00:04:54Lucie ändert ihre Taktik.
00:04:56Du glaubst, dass man dich als Angler nicht finden wird?
00:05:00Täusch dich nicht, mein Lieber.
00:05:01Das Kommissariat Spezial hat jetzt neue Methoden.
00:05:05Wir werden uns dann darauf einstellen.
00:05:08Hm.
00:05:08Und wenn die Polizei ihre Leute schon in euren Gruppen hat?
00:05:16Unsere Leute gehen nicht auf den Leim.
00:05:22Na, dann ist ja alles in Ordnung.
00:05:25Wie meinst du das?
00:05:28Hast du vielleicht auch gewusst, dass ich heute hier bin?
00:05:30Bist du nicht zufällig hier?
00:05:31Es geht um mehr als nur um mich.
00:05:36Pass lieber auf deine Angel auf.
00:05:38Woher weißt du von neuen Methoden?
00:05:40Woher?
00:05:44Ich habe meinem Vater vor ein paar Tagen unfreiwillig beim Gespräch zugehört.
00:05:48Die Sache stimmt, du kannst Gift draufnehmen.
00:05:50Und weiter?
00:05:51Na, was weiter?
00:05:52Hör endlich auf mit diesen Geschichten.
00:05:54Das ist nicht deine Sache, überlass das anderen.
00:05:56Du bist bei deiner Begabung der geborenen Maler.
00:05:58Du wirst es nie verstehen.
00:05:58Nein.
00:06:00Das werde ich nicht bestimmen.
00:06:04Ach, fragen wir.
00:06:08Henri kapselt sich ab.
00:06:11Lucie kann sagen, was sie will.
00:06:13Sie kann ihn zu warnen versuchen.
00:06:15Sie kann ihn provozieren wollen.
00:06:17Henri wehrt alles brüsk ab.
00:06:23Kann schweigen beide.
00:06:24Lucie hat eigentlich keinen Grund mehr, bei Henri zu bleiben.
00:06:30Doch ihr Gefühl für ihn und ein wenig Neugier halten sie zurück.
00:06:40Du.
00:06:43Lucie.
00:06:46Ja.
00:06:48War ich wieder mal zu grob?
00:06:52Kann ich dich etwas fragen?
00:06:53Bitte?
00:06:56Hast du mir auch alles gesagt?
00:06:59Du musst mir alles sagen.
00:07:00Musst?
00:07:02Lucie.
00:07:04Verstehe doch.
00:07:04Nein, ich verstehe nicht.
00:07:05Ich kann nicht zusehen, wie du mit offenen Augen ins Verderben rennst.
00:07:08Ach, hör auf.
00:07:10Entschuldige.
00:07:11Aber deine Meinung dazu kenne ich nun langsam auswendig.
00:07:16Verstehe.
00:07:17Leb wohl, mein Lieber.
00:07:19Lucie.
00:07:20Ich muss mit dir sprechen.
00:07:21Ich muss mit dir sprechen.
00:07:23Mein Wagen steht oben an der Chaussee.
00:07:26Am besten ist wir fahren in mein Atelier.
00:07:27Dort bist du am sichersten und wir können ungestört sprechen.
00:07:30Außerdem kannst du dir gleich meine neuen Bilder ansehen, wenn du willst.
00:07:53Verfluchte Bande.
00:08:07Und der Radfahrer?
00:08:08Nachher erst die da.
00:08:13Keine Tollheit, Lucie.
00:08:15Ich bin nicht wild darauf, in einem Polizeiprotokoll vermerkt zu werden.
00:08:17Hm.
00:08:18Schade.
00:08:30Na.
00:08:31Die Nummer haben wir wenigstens.
00:08:3321-63-RJ5.
00:08:36Können wir ihm irgendwie helfen?
00:09:05Danke, Madame.
00:09:07Das ist halb so schlimm.
00:09:11Da nehmen Sie.
00:09:12Als Schmerzensgeld.
00:09:14Aber Sie waren es doch gar nicht.
00:09:15Ach.
00:09:17So was?
00:09:18Die hauen ab und Sie helfen.
00:09:19Diese Schweine.
00:09:21Die Nummer von dem Kerl müsste man haben.
00:09:23Na, die kann ich Ihnen sagen.
00:09:27Pierre, weißt du die Nummer von dem Wagen noch?
00:09:30Leider nicht.
00:09:38Mein Gott, Ihre Hose ist ja auch noch zerrissen.
00:09:41Nein, danke.
00:09:42Mich will an der Sache nichts verdienen.
00:09:49Pierre, danke.
00:09:50Bitte?
00:09:57Du bist kein schlechter Stratege, Lucie.
00:10:00Merkst du das erst jetzt?
00:10:01Früher wohnten in dieser Gegend die reichen Bürger von Paris.
00:10:29Jetzt hausen hier die kleinen Krämer, die verarmten Kleinrentner und viele undefinierbare Existenzen.
00:10:37Doch auch Literaten und Maler haben hier im Herzen von Paris ihr Domizil.
00:10:41So, alles in Ordnung.
00:10:56Und was ist mit meinen Sachen?
00:10:58Keine Angst, Monsieur Hubert rührt nichts an.
00:11:00Es ist deinetwegen, mein Lieber.
00:11:05Das ist unauffälliger so.
00:11:09Ach du mein Gott, ich habe gar keine Blumen zu Hause.
00:11:11Moment.
00:11:12Ja, bitte.
00:11:14Bitte.
00:11:16Zehn Frauen, bitte.
00:11:17Zehn Frauen, eigentlich ein Wahnsinn.
00:11:20Die Hälfte seines Vermögens.
00:11:23Bitte schön.
00:11:24Danke.
00:11:24Danke.
00:11:28Danke.
00:11:30Nelken.
00:11:36Ich dachte an unseren ersten Mai.
00:11:39Unsinn.
00:11:40Sag, dass du mich liebst und dass du die Blumen mir zuliebe gekauft hast.
00:11:44Schnell, sag, dass du mich liebst.
00:11:45Ich gehe sonst keinen Schott weiter.
00:11:48Nun lüg doch schon ein bisschen.
00:11:51Ich weiß ja, dass es eine Lüge ist, aber ich würde es so gern von dir hören.
00:11:54Sag, dass du mich liebst.
00:11:56Ich liebe dich.
00:11:58Na also.
00:12:00Ich dachte, du hättest schon vergessen.
00:12:20Unseren ersten Tanz.
00:12:21Ja, dann warst du eines Tages verschwunden.
00:12:24Spurlos.
00:12:26Grundlos.
00:12:27Nicht grundlos.
00:12:28Aber leichten Herzens.
00:12:36Wenn du meinst.
00:12:39Oh, da haben wir aber Glück.
00:12:40Der Portier ist nicht da.
00:12:42Du weißt doch, die Hälfte dieser Kerle arbeitet für die Sireté oder für das Kommissariat
00:12:46Das klar, dass du
00:13:05meine Kinder Heyer.
00:13:05Aber ganz schön.
00:13:05Ich DON'T mache Her résum.
00:13:07Ich brauche das Sirete.
00:13:09Ich brauche zu anything nein.
00:13:10Na auch da, da zu ich es in der Schede.
00:13:14Die Treppe hört wohl gar nicht auf.
00:13:22Durchhalten, mein Junge, wir sind gleich oben.
00:13:23Das Adelier liegt unterm Dach.
00:13:28Ist das hier die einzige Treppe zu deinem Atelier?
00:13:31Natürlich. Genügt sie dir nicht?
00:13:33Doch, doch, aber schöne Treppen sind selten.
00:13:39Das Schnittzwerk hier ist ganz hübsch.
00:13:41Henri!
00:13:44Das Restaurant ist geöffnet.
00:14:04Das wär's.
00:14:06Ich bewohne mit ein paar Katzen des Hauses dieses Dach hier oben ganz allein.
00:14:10Keine Nachbarn, eine himmlische Ruhe.
00:14:19Nachricht, nur für einen Augenblick.
00:14:21Gib die Blumen, wir.
00:14:45Mach dir's bequem, lieber.
00:14:56Ich stell nur die Nelken ins Wasser.
00:15:04Gefällt dir mein Unterstand?
00:15:05Nicht übel.
00:15:06Alles vorhanden und doch nicht zu viel.
00:15:11Gegensätzliche Wohnfläche, aber voller Harmonie.
00:15:14Dort die Malerin Lussie
00:15:15und hier das Reich der Gastgeberin.
00:15:18So.
00:15:20Und jetzt bist du an der Reihe.
00:15:21Genügt dir eine kalte Platte?
00:15:22Mhm.
00:15:23Dann sei so lieb und stell die Vase auf den Tisch.
00:15:25Oh, pardon.
00:15:48Darf ich an Ihrem Platte servieren?
00:15:58Wenn es sich möglich machen lässt.
00:16:00Ich wüsste nicht, was unmöglich wäre.
00:16:03Wirklich nicht?
00:16:07Nein.
00:16:11Darf ich?
00:16:12Gerne.
00:16:13Auf unser Wiedersehen.
00:16:41Weißt du, Lissi?
00:16:42Mir kommen diese paar lumpigen Monate wie Jahre vor.
00:16:48Und wann sieht es dir an?
00:16:50Wieso?
00:16:53Du bist anders geworden.
00:16:55Ernster.
00:16:57Härter, verschlossener, äußerlich.
00:16:59Äußerlich?
00:17:00Du scheinst seit einiger Zeit nicht mehr genug zu essen.
00:17:03Dir fehlt die richtige Pflege.
00:17:08Wo steckst du nun wirklich?
00:17:12Der alte, unruhige Geist?
00:17:26Ich möchte wissen, wie es bei dir da drin aussieht.
00:17:28Hier tief drin.
00:17:32Weißt du, wie du da stehst?
00:17:34Wie vor drei Jahren, als du das erste Mal in die Zeichenklasse der Akademie kamst.
00:17:38Wenn ich hereingekommen bin, kann ich nicht schon da gestanden haben.
00:17:41Logik.
00:17:42Wir haben dich alle angestattet.
00:17:43Du bist beim nächsten Schritt über deine eigenen Beine gestolpert
00:17:46und hast ein ziemlich sinnloses Pardon von dir gegeben.
00:17:49Mag sein.
00:17:51Aber es war ein glücklicher Beginn.
00:17:53Weißt du noch, wie der Assistent unseres geschätzten Professors Bastagnier...
00:17:56Bastagnier?
00:17:56Wie nennst du Bastagnier?
00:17:59Diesen schmähbäuchigen, widerlichen Sybariten.
00:18:02Ich nannte ihn unseren geschätzten Professor, mein Lieber.
00:18:04Aber ich wollte dich eigentlich fragen, ob du dich noch an seinen Assistenten erinnern kannst.
00:18:08Wie der sich mit hochgezogenen Augenbrauen vor dir aufbaut und fragte...
00:18:12Sind Sie Modell?
00:18:13Student.
00:18:15Student?
00:18:16Ach, wohl der neue Stipendiat.
00:18:18Erraten.
00:18:19Na dann suchen Sie sich bitte einen Platz.
00:18:22Und als ich mich umsah und nicht wusste, wo ich mich hinsetzen sollte,
00:18:25da hast du zum ersten Mal etwas zu mir gesagt.
00:18:29Erinnerst du dich?
00:18:30Hier ist noch ein Platz frei.
00:18:34Na bitte setzen Sie sich.
00:18:38Und dann sind wir gut miteinander ausgekommen.
00:18:41Auch wenn wir uns oft gestritten haben.
00:18:43Wenn der Gegenstand den Streit lohnt?
00:18:45Ich weiß, du liebst die Auseinandersetzung.
00:18:49Wir sehen.
00:18:51Ich bin hierher gekommen, um mit dir...
00:18:53Mit mir über meine Bilder zu sprechen.
00:19:00Also sieh dich um.
00:19:03Wie findest du sie?
00:19:05Sie bitte.
00:19:06Ich wollte...
00:19:06Henri, du weißt, wie viel ich auf dein Urteil gebe.
00:19:19Na, was meinst du?
00:19:38Deine Linienführung ist klarer geworden.
00:19:43Kräftiger.
00:19:44Und wie gefällt dir das Schwimmstadion?
00:19:52Komposition?
00:19:53Flächenaufteilung?
00:19:57Na, sag schon.
00:19:58Du weißt, ich bin nicht empfindlich.
00:20:01Der Kubismus ist nicht mehr ganz so jung wie du, Lucy.
00:20:05Ich finde, er engt den Künstler mehr ein, als er ihm nutzen könnte.
00:20:08Warum hast du dieses Schwimmstadion gerade so und nicht anders gemacht?
00:20:19Ich fand die Geometrie der Flächen sehr schön.
00:20:22Ah, auf die Flächen bist du also aus.
00:20:27Und hier?
00:20:29Das musst du doch zur selben Zeit gemalt haben.
00:20:31Hm.
00:20:31Mich hat das Wechselspiel von Licht und Schatten fasziniert.
00:20:36Die herrlichen Kontraste.
00:20:37Licht und Schatten.
00:20:40Sujet ist nicht so wichtig.
00:20:41Professor Bastagné hat mir erst vor wenigen Tagen...
00:20:43Wenn ich von Kubismus spreche, dann meine ich Brack und Picasso.
00:20:46Aber nicht Bastagné.
00:20:47Diese hohle Blase.
00:20:50Dieser Bastagné ist ein Schuster.
00:20:53Ein Küchenbulle.
00:20:54Aber doch kein Künstler.
00:20:56Dieser Küchenbulle hat mit einem Akt begonnen.
00:21:08Mit einem Akt von mir.
00:21:10Nein.
00:21:11Möchtest du noch etwas essen?
00:21:15Bitte.
00:21:20Übrigens scheint ihm die Arbeit zu gelingen.
00:21:21Ein Akt in warmen, pastosen Tönen, wie ein Renoir.
00:21:30Du hast ihm Modell gestanden?
00:21:32Warum nicht?
00:21:34Gerade ich als Malerin verstehe, wie wichtig ein Modell ist.
00:21:37Nicht irgendein Modell, sondern ein bestimmtes.
00:21:38Für einen bestimmten Monsieur Bastagné.
00:21:41Für eine Frau ist es immer eine große Sache, gut gemeint zu werden.
00:21:45Ihre Jugend gleichsam unvergänglich zu wissen.
00:21:48Ha!
00:21:49Dann denk doch nur an die Maya von Goya.
00:21:50Oder an das Aktbild Hendrik Stoffels von Rembrandt.
00:21:54Ich finde es geschmacklos, diesen stümpfer Bastagné
00:21:56in einem Atem mit Rembrandt oder Goya zu nennen.
00:21:59Ach, Rembrandt hätte also meinen Akt malen dürfen.
00:22:03Es ist spät.
00:22:05Du erlaubst, dass ich gehe.
00:22:06Ach, du bist wütend, wenn ich dem Professor Modell stehe.
00:22:10Du bist gekränkt.
00:22:12Eifersüchtig.
00:22:13Ja, du bist eifersüchtig, mein Lieber.
00:22:15Unsinn!
00:22:16Natürlich habe ich den dicken Bastagné nicht Modell gestanden.
00:22:18Das würde ich niemals tun.
00:22:20Wirklich nicht?
00:22:27Warum quälst du mich da?
00:22:30Tu ich das?
00:22:31Ja.
00:22:34Das möchtest du wohl, aber das wird dir nicht gelingen.
00:22:38Du solltest lieber mehr über die Aufgaben der Kunst nachdenken.
00:22:41Ich finde, man kann nur etwas schaffen, wenn man anderen etwas zu sagen hat.
00:23:01Andere.
00:23:02Du arbeitest wohl nur für dich?
00:23:11Für deine Selbstklärung?
00:23:16Ich male kaum noch.
00:23:20Ich merke selber, dass ich künstlerisch auf einem toten Punkt bin.
00:23:22Deshalb konzentriere ich mich ganz auf den Sport.
00:23:30Ich trainiere Langstrecke für die Landesmeisterschaften im Schwimmen.
00:23:33Kannst du das verstehen?
00:23:34Ich glaube, du hast ein untrügliches Gefühl dafür, was gut für dich ist und was nicht.
00:23:41Gerade weil du Talent hast.
00:23:44Mag sein.
00:23:45Aber dir fehlt dieses Gefühl.
00:23:49Begreifst du nicht, dass du in die Welt der Kunst gehörst?
00:23:52Die Politik wird dein Talent zerstören.
00:23:54Du wirst die Welt nicht mehr in Farben sehen, sondern nur noch in Schwarz und Weiß.
00:23:58Wie kannst du das behaupten?
00:24:01Du bist auf einem toten Punkt angelangt.
00:24:03Ich aber befinde mich auf dem lebendigsten und wahrscheinlich wichtigsten Abschnitt meines Weges.
00:24:10Die Zeit verlangt nicht nur die Hand des Künstlers.
00:24:13Sie verlangt ihn ganz.
00:24:16Und wie willst du weiterleben?
00:24:19Gehetzt?
00:24:20Gejagt?
00:24:22Ohne Wohnung?
00:24:22Ohne Ruhe?
00:24:24Ohne Zukunft?
00:24:25Kennst du deine Zukunft?
00:24:29Weißt du, ob du so weiterleben kannst?
00:24:33Lucie, in wenigen Wochen wird Krieg sein.
00:24:38Krieg?
00:24:39Ach, das ist doch nicht möglich.
00:24:40Doch.
00:24:42Monsieur Daladier hat mit dem Münchner Abkommen nicht nur unsere Verbündeten verraten,
00:24:45sondern auch Frankreich.
00:24:47Auch den Frieden.
00:24:49Du siehst zu schwarz.
00:24:51Und du siehst gar nichts.
00:24:52Genauso wenig wie unsere Regierung.
00:24:54Der Krieg ruft auf uns zu, aber sie tut nichts.
00:24:58Was hat sie denn getan, als Hitler vor vier Monaten die Tschechoslowakei besetzte?
00:25:03Hm?
00:25:03Nichts.
00:25:05Nichts.
00:25:05Sie hat ihn ganz leise getadelt.
00:25:09Aber uns Kommunisten seitdem Repressarien ausgesetzt, als wären wir schon verboten.
00:25:15Wahrscheinlich fühlt sie Ruhe und Ordnung durch euch bedroht.
00:25:18Na komm, du, Volkstribunen.
00:25:25Setz dich, wir beide können sowieso nichts ändern.
00:25:27Wir beide allein nicht.
00:25:28Ach, Wunsch, Träume.
00:25:29So bist du.
00:25:31So seid ihr alle.
00:25:31Also doch.
00:25:36Hier, mein Lieber, du kannst es doch nicht lassen.
00:25:41Was heißt das?
00:25:41Der Politiker hat noch Zeit für die Kunst.
00:25:50Zeit für Notizen.
00:25:53Notizen in meiner persönlichen Handschrift.
00:25:56Notizen für später.
00:25:58Wenn ich wieder Zeit für die Kunst haben werde.
00:26:00Wenn, wenn, wenn.
00:26:00Du kannst doch deine Begabung nicht in ein so winziges Skizzenheft zwängen.
00:26:04Du hast doch eine Verantwortung vor der Kunst.
00:26:06Ja, das stimmt.
00:26:09Ich zeig dir die Skizzen.
00:26:11Vielleicht verstehst du mich dann besser.
00:26:17Bist du eigentlich satt geworden?
00:26:18Oder soll ich dir noch etwas zurecht machen?
00:26:20Nein, danke.
00:26:21Nur, falls in dem Krug noch ein Rest ist.
00:26:23Ich kann ja noch eine Flasche holen.
00:26:26Lieber nicht.
00:26:29Henri möchte seinen klaren Kopf behalten.
00:26:31Lissi aber freut sich über seine Angst.
00:26:34Er könnte ihn verlieren.
00:26:38Er will sie von der Richtigkeit seiner Erkenntnisse, seines Weges überzeugen.
00:26:42Sie aber möchte die harte Schale seiner Sachlichkeit durchbrechen.
00:26:45Der Streit um Kunst und Politik ist nicht neu zwischen ihnen.
00:26:48Aber heute ist Henri zum ersten Mal mit ihr an einem langen Abend allein.
00:26:53Erinnerst du dich, wie im vergangenen Jahr die Schläger-Truppen des Croix de Feu
00:26:57die Bilder von Picasso, Brack und Matisse herunterreißen wollten?
00:27:01Ich weiß, das war schockierend.
00:27:04Bilder Stürmer im 20. Jahrhundert.
00:27:08Hier ist Jacques Theron.
00:27:10Er hat einen Raum, in dem Bilder von Matisse singen verteidigt,
00:27:13bis wir Hilfe für ihn bringen konnten.
00:27:15Er hatte dann auch die Idee, dort einen ständigen Wachdienst einzurichten.
00:27:18Du hast natürlich mitgemacht.
00:27:21Ja.
00:27:23Gut.
00:27:26Du hast Bilder vor wild gewordenen Raudis geschützt.
00:27:31Aber damit hätte es für dich auch zu Ende sein müssen.
00:27:33Aufhören?
00:27:34Ja, aber du hast dich erstaunlich schnell beeinflussen lassen.
00:27:39Dafür hat die Polizei gesorgt.
00:27:40Ich habe da eine bestimmte Abteilung der Präfektur kennengelernt.
00:27:45Die haben es auf Kommunisten abgesehen.
00:27:49Ich war keiner.
00:27:50Aber ich habe dort welche getroffen.
00:27:55Du bist verhaftet worden.
00:27:56War dir das nicht Warnung genug?
00:27:59Wer gewarnt wird, kann die Gefahr besser erkennen.
00:28:03Hör auf damit.
00:28:03Hör auf mit diesem Leben.
00:28:04Einmal haben sie dich schon ins Krankenhaus geschafft mit einem Messerstich in der Brust.
00:28:09Weißt du, wo du das nächste Mal landest?
00:28:16Ich habe Angst um dich, Harry.
00:28:18Ich passe schon auf mich auf, Lucie Lassner.
00:28:21Es ist nett, dass du dir Gedanken um mich machst.
00:28:24Bist schon ein guter Freund.
00:28:27Ein richtiger Kamerad.
00:28:28Ja.
00:28:30Den man auf die Schulter hat, ich verstehe.
00:28:31Nein, Lucie.
00:28:32Doch!
00:28:34Du bist hierher gekommen, weil du glaubst, ich kann die Einzelheiten über die neuen Methoden
00:28:38das Kommissariat Spezial nennen.
00:28:44Bitte fragen.
00:28:47Nicht so, Lucie.
00:28:48Warum nicht so?
00:28:49Bitte fragen.
00:28:54Also,
00:28:55du hast heute Nachmittag von getarnten Agenten gesprochen.
00:29:01Das Kommissariat Spezial soll sie in unsere Gruppen geschickt haben.
00:29:03Stimmt das wirklich?
00:29:06Und was weißt du davon?
00:29:09Ich kann nur sagen, wie sie es im Betrieb meines Vaters machen.
00:29:13Dort wird jetzt mit Hochdruck gearbeitet.
00:29:15Man braucht Panzermotore.
00:29:17Das heißt, eine starke Nervosität wegen Deutschland und Polen
00:29:19und auch wegen des Einflusses, den die Kommunisten bei uns auf die Arbeiter haben.
00:29:24Immer mehr Agenten werden eingestellt.
00:29:27Natürlich gut getarnt als Arbeiter.
00:29:29Und die anderen sich dann jeden heraus, der auch nur so denkt wie ihr.
00:29:34Und was geschieht mit denen?
00:29:37Personalabbau.
00:29:38Sie werden auf kalten Wege entfernt.
00:29:40Auf wen sind sie scharf?
00:29:41Kennst du Namen?
00:29:42Charles gehört dazu.
00:29:43Charles Galliani.
00:29:45Ein erstklassiger Mann.
00:29:47Ich überprüfe die Kompressormotoren, die ich fahre, steht selbst.
00:29:50Naja, nicht alle Monteure, mit denen ich auf dem Prüfstand arbeite,
00:29:53haben das Ohr für den besonderen Ton eines Motors.
00:29:55Aber Charles,
00:29:56das ist ein großartiger Junge.
00:29:59Wenn der Kompressor arbeitet,
00:30:00dann hat er nicht mal Augen für mich.
00:30:02So verliebt ist er in seine Motoren und in seine Arbeit.
00:30:06Tja.
00:30:06Und wenn ich dann am Abend die Gespräche meines Vaters
00:30:09mit seinem fetten asthmatischen Geschäftsfreund höre,
00:30:12wie sie diesen oder jenen Arbeiter durch Agenten überwachen lassen
00:30:15und wie ausgerechnet mein Charles als unzuverlässig kaltgestillt werden soll,
00:30:19dann packt mich eine wahre Wut.
00:30:22Dieser Charles ist also ein Politischer?
00:30:24Nein, ein großartiger Junge.
00:30:27Ein ausgezeichneter Monteur.
00:30:28Wenn Charles wirklich auf diese Weise aus dem Betrieb fliegen soll...
00:30:38Man müsste das verhindern.
00:30:39Ja, am jeden Preis.
00:30:43Könnte ich oder einer meiner Freunde mit diesem Charles zusammenkommen?
00:30:49Du willst ihn für die Politik gewinnen?
00:30:52Er steckt ja schon mittendrin.
00:30:55Was willst du mit ihm tun?
00:30:57Ihn warnen.
00:30:58Ihn auf die Spitzel aufmerksam machen.
00:31:03Rissi.
00:31:04Bist du nicht selbst mitschuldig,
00:31:07wenn dieser Charles ins Gefängnis fliegt?
00:31:08Henri, du übertreibst.
00:31:10Ihr seht, dass immer ist, wenn es zu spät ist.
00:31:13Blut ist geflossen, auch ohne, dass der Krieg schon begonnen hat.
00:31:16Ich weiß das.
00:31:16Glaub es mir.
00:31:18Schauselig ist das alles.
00:31:21Kampf ist das alles.
00:31:24Glaub mir, Rissi.
00:31:26Das Leben, das ich jetzt führe, ist nicht leicht.
00:31:27Nie mehr Ruhe, nie mehr absolute Sicherheit.
00:31:31Und doch möchte ich mit keinem tauschen.
00:31:33Ich fürchte, er ist recht keiner mit dir.
00:31:36Lissi, wenn man erst einmal diesen riesigen Schwindel durchschaut hat, diesen Nebel, der das Gespenst des Kriegs verhüllen soll,
00:31:43dann darf man nicht mehr abwarten und schweigen.
00:31:46Es geht doch um deinen Monteur, um Charles Galliani.
00:31:48Jeder Tag ist kostbar.
00:31:51Aber noch kostbarer ist jeder Mensch.
00:31:54Lissi.
00:31:56Wirst du uns helfen, mit Charles Kontakt aufzunehmen?
00:31:59Er ist bestimmt ein schlechter Illegaler, denkt Lissi.
00:32:07Bei seinem Temperament wird man ihn tot sicher eines Tages fassen.
00:32:11Also, was ist?
00:32:13Ich werde versuchen, ob ich Charles in den nächsten Tagen sprechen kann.
00:32:18Lissi fürchtet für ihn.
00:32:20Und aus der Furcht erwächst wieder der Wunsch, ihn mit der Kraft ihres Wesens zu umfangen.
00:32:23ihn an sich zu binden und ihn so aus allem herauszuhalten.
00:32:29Es ist dringend, Lissi.
00:32:31Verzeih, Henri.
00:32:33Bin vom Schwimmen und der Luft ein bisschen müde.
00:32:37Es ist schon spät.
00:32:40Wir werden morgen das Gespräch weiterführen.
00:32:47Ich weiß nicht, wo ich morgen früh sein werde.
00:32:50Du kannst hier liegen.
00:32:53Ich schlafe nebenan.
00:32:57Ja, aber...
00:32:58Das Haus ist verschlossen. Wir müssen den Portier wecken.
00:33:02Du hast doch keine Angst vor mir.
00:33:04Angst? Besser.
00:33:05Na eben, dann ist ja alles in Ordnung.
00:33:13Henri ärgert sich über Ihre Frage.
00:33:19Er ist schließlich kein kleiner Junge.
00:33:21Aber er fühlt sich gefangen.
00:33:26Hier oben im Atelier sitzt er wie in einer Falle.
00:33:31Seltsam, das erregt ihn nicht einmal so sehr.
00:33:34Ihn fasziniert die Sicherheit, die Energie dieser Frau.
00:33:37Ja, eine Frau ist sie, eine begehrenswerte Frau.
00:33:39Henri scheint es, als hätte er das in den letzten Monaten vergessen.
00:33:41Er ist sie, als hätte er.
00:33:50Fussi, wo war denn das?
00:34:19Ich glaube an der Place d'Anton.
00:34:22Und worum geht es auf deiner Zeichnung?
00:34:25Ach du Schulmeister, siehst du denn nicht?
00:34:29Hier eine Menschenwolke und hier noch eine.
00:34:32Die prallen aufeinander wie Gewitterschwaden, mit herrlichen Lichtkontrasten.
00:34:37Wenn man es malen wollte, in tiefem Indigo.
00:34:40Herrliche Lichtkontraste. Indigo.
00:34:44Aber dass diese Menschenwolke im letzten Jahr, am 1. Dezember bei dem missglückten Generalstreik,
00:34:53von diesen auf deinem Bild so winzigen Gendarmen auseinandergeschlagen wurde,
00:34:58dass der Pariser Asphalt zu Füßen d'Anton, durch Franzosen mit französischem Blut gerötet wurde,
00:35:04das braucht eine französische Künstlerin ja nicht zu interessieren.
00:35:07Ich entscheide selbst, was mich interessiert.
00:35:09Du hättest es bei deinem Wissen wahrscheinlich besser gezeichnet.
00:35:12Falls du überhaupt noch zu zeichnen verstehst.
00:35:22Henri möchte weg von hier. Nur weg.
00:35:25Aber dem Portier alarmieren, das wär ja heller Wahnsinn.
00:35:29Durchs Fenster aufsteigen.
00:35:34Das Risiko wäre zu groß.
00:35:37Und warum eigentlich auch?
00:35:39Was war überhaupt geschehen?
00:35:41Er hat jedoch nur seine Meinung gesagt.
00:35:49Na ja, sie kann eben keine Kritik vertragen.
00:35:52Er wird dir beweisen, dass er noch zeichnen kann.
00:36:10Er wird dir beweisen, dass er noch zeichnen kann.
00:36:22Nein, das trifft es nicht.
00:36:24Lissi ist nicht so hart, so launenhaft.
00:36:26Er wird dir beweisen, dass er nicht so lebt.
00:36:27Er wird dir beweisen, dass er nicht so lebt.
00:36:28Er wird dir beweisen, dass er nicht so lebt.
00:36:29Er wird dir beweisen, dass er nicht so lebt.
00:36:49Nein, das trifft es nicht.
00:36:51Lissi ist nicht so hart, so launenhaft.
00:37:05Im Gegenteil, sie könnte ein echter Kamerad sein.
00:37:07Lissi hat Talent.
00:37:19Starkes Talent sogar.
00:37:21Aber mehr Klarheit und mehr Vertiefung wären denkbar.
00:37:25Ja, hier muss man mit Licht und Schatten arbeiten.
00:37:51In wenigen markanten Figuren, die Fronten sich verkörpern lassen.
00:37:55Nicht Menschenwolken, nein Menschen, die sich gegen gefühllose Schämen,
00:38:00gegen Pferde und Säbel zur Wehr setzen.
00:38:03Das muss man zeigen.
00:38:05Darauf kommt es an.
00:38:07ganz wenig, wie der Wasser sagt.
00:38:09Ich habe eine Menge Schritt gedacht.
00:38:11Die Feuer, da sind die Feuer.
00:38:12Ich habe das Wort gesagt.
00:38:14Das führt einmal.
00:38:16Wird nicht so lebt.
00:38:17Keine Zeit.
00:38:18Drei.
00:38:19Wird nicht so lebt.
00:38:20Keine Zeit.
00:38:21Drei.
00:38:22Drei.
00:38:23Wird nicht so lebt.
00:38:24Ich versuche das Wasser es.
00:38:25Die sich nicht so lebt.
00:38:26Wenn es jemandem mit sich um ihn zu lernen.
00:38:27Ich habe mit mir zu lernen.
00:38:28Ich werde das Wasser.
00:38:29Es mit sich um die Hauptsache.
00:38:30keine Äpfle.
00:38:31Ich werde jetzt keine Zeit.
00:38:32Es war, was urine wie gehen.
00:38:33Da haben wir nicht so lebt.
00:38:34Ich werde es in die Zeit.
00:38:35Da geht es nicht so lebt.
00:38:36Das ist sehr schön.
00:39:03Das ist rechtlich Sie.
00:39:04Ich kann nichts mehr.
00:39:06Doch, Henri.
00:39:07Du kannst sogar sehr viel.
00:39:09Lissi, wie soll ich das erklären?
00:39:11Ich...
00:39:12Wenn du zeichnest,
00:39:15dann verstehe ich dich.
00:39:20Besser, als wenn du sprichst.
00:39:24Henri.
00:39:28Ich wollte dich nicht verletzen vorhin.
00:39:33Ich konnte nicht einschlafen, ohne dir das zu sagen.
00:39:36Ich weiß nicht,
00:39:38was mit mir los war.
00:39:43Ich war total verrückt.
00:39:45So siehst du mich?
00:39:55So bist du.
00:39:56So wild und hart?
00:39:58Wild und hart?
00:40:00Naja, Stirn, Backen, Knochen, Kinn, ja.
00:40:04Aber...
00:40:06Sieh doch den Mund.
00:40:08Weich geschwungen.
00:40:09Die Augen, wie von einer Hexe.
00:40:15Eine Zauberin.
00:40:16Hexe?
00:40:17Das ist etwas Unglückbringendes.
00:40:21Glück und Unglück bringt es zugleich.
00:40:23Weiches und hartes zugleich.
00:40:25Weibliches und männliches zugleich.
00:40:27Männlich?
00:40:28Das sagst du nur, weil...
00:40:31weil ich dir einmal so deutlich die Wahrheit gesagt habe.
00:40:33Weil du im Grunde überhaupt nichts verstehst.
00:40:35Nichts verstehst.
00:40:36Nichts verstehst.
00:40:42Lucy.
00:40:44Lucy.
00:40:45Ich weh nicht.
00:40:52Ich liebe dich.
00:40:53Ich weh nicht.
00:41:10Lucy kann nicht schlafen.
00:41:12So müde sie auch ist.
00:41:17Ihre Gedanken sind wachend bewegt.
00:41:22Wer ist der Mensch, der neben mir schläft?
00:41:25Fragt sie sich.
00:41:27Was bin ich für ihn?
00:41:35Viele, die sie kannten, waren sich darüber einig,
00:41:38dass diese tollkühne, nervenharte Rennfahrerin
00:41:40und Meisterschwimmerin eigentlich ein Mann sei
00:41:42und ihr weiblicher Charme nur eine Maske.
00:41:47Gerade diese Meinung schmerzte
00:41:49und beleidigte sie aufs Tiefste,
00:41:51ohne dass sie es sich eingestammt.
00:41:58Henri war nicht der erste Mann,
00:42:00mit dem sie eine Nacht verbrachte.
00:42:03Sie hatte viele Verehrer
00:42:04und sie räumte ihrem Körper das Recht ein,
00:42:05das, wie sie glaubte, ihm zukam.
00:42:07Sie tat es, um den Lebensdurst zu stillen
00:42:11und vor sich selbst zu beweisen,
00:42:12dass sie eine Frau sei.
00:42:21Was aber war in dieser Nacht geschehen?
00:42:26Sie hatte geglaubt, ihn zu kennen,
00:42:27aber in der letzten Stunde
00:42:29war ihr ein anderer, ein neuer Mensch begegnet,
00:42:32ein Mann, der viele Fragen in ihr wach rief.
00:42:37Sie spürt, dass sie von diesem,
00:42:41von seiner Idee besessenen Jungen
00:42:43nicht loskommt,
00:42:44ehe sie nicht das Rätsel gelöst hat,
00:42:45das sie an ihn bindet.
00:42:48Etwas Geistiges ist in ihre Liebe getreten.
00:42:55Was ist?
00:42:56Nichts, lieber.
00:42:58Wie viel Uhr?
00:43:00Erst drei, sei ganz ruhig.
00:43:04Bleib, du bist bei mir in Sicherheit.
00:43:05Niemand tut heraufkommen, glaub es mir.
00:43:19Kann man hier über die Dächer?
00:43:21Das ist doch Wahnsinn!
00:43:22Henri, so hör doch!
00:43:26Geh, wenn du willst.
00:43:28Brich dir den Hals, wenn du willst,
00:43:29wegen eines Betrunkenen,
00:43:29in dem man in seine Bude buxiert.
00:43:30...
00:43:34...
00:43:44...
00:43:45Lohin, Lohin, Lohin!
00:44:02Bricht er den Hals?
00:44:05Wegen eines Betrunkenen?
00:44:07Hast du gesagt?
00:44:10Wenn du willst, hab ich gesagt.
00:44:15Ich wusste ja, dass du bleibst.
00:44:23Weil du nicht willst, was ich nicht will.
00:44:26Und wenn ich doch gegangen wäre?
00:44:29Verhext.
00:44:31Ach was.
00:44:45Du, vielleicht hättest du doch nicht mit mir fahren sollen.
00:45:09Nicht bei mir bleiben sollen.
00:45:16Mit jeder Minute wird unsere Liebe stärker und tiefer.
00:45:19Unsinn.
00:45:21Ich habe nie länger als zwei Monate leben können.
00:45:24Dann war es plötzlich aus.
00:45:26Einfach aus.
00:45:28So war das bisher?
00:45:30Ja.
00:45:31Immer?
00:45:32Immer.
00:45:32Dort im Schrank steht der Konya.
00:45:35Kohling, bitte.
00:45:36Wie still es auf einmal geworden ist.
00:46:03Wie still und kühl.
00:46:03Nicht nur Paris ruht aus.
00:46:06Sondern auch dieser glühende Sommer.
00:46:12Alles ist ganz weit weg.
00:46:14Kaum noch zu hören.
00:46:17Umso besser hört man den Atem.
00:46:20Und das Herz des Anderen.
00:46:23Was hast du?
00:46:39Wie du trinken kannst.
00:46:40Na und?
00:46:40Wie ein Mann.
00:46:41Wie ein Mann.
00:46:43Das sagst du nicht, weil ich den Konya trinke.
00:46:45Bestimmt nicht deswegen.
00:46:46Sondern weil ich Langstrecken schwimme und die Kurven schneide und den Kopf und die Nerven behalte.
00:46:49Weil andere wegen uns betrunken und auf die Dächer klettern.
00:46:51Bin ich deswegen ein Mann.
00:46:52Sag, bin ich deswegen ein Mann.
00:46:53Und ich bin ich...
00:46:55Ich bin...
00:46:58Henri.
00:47:04Nur langsam erwacht Paris am Montagmorgen.
00:47:09Noch läutet keiner der Kirchen zur Frühmesse, noch klärt keiner der Eisenläden der Händler.
00:47:14Henri's Gedanken sind jetzt auf den neuen Tag errichtet.
00:47:21Sein nächster Treff ist erst für den Mittag vorgesehen.
00:47:25Aber er wird früher hinausfahren und sich die Umgebung des Treffpunktes gründlich ansehen,
00:47:30falls wirklich Polizei auftauchen sollte.
00:47:34Wer weiß, wann du wieder was zu essen bekommst.
00:47:37Das ist lieb von dir.
00:47:39So wirst du mich nicht vergessen.
00:47:41Und vielleicht sogar spüren, dass ich immer bei dir bin.
00:47:43Immer.
00:47:44Bis wir uns wiedersehen.
00:47:45Bis sie.
00:47:46Wir dürfen nicht träumen.
00:47:48Auch wenn der Traum noch so schön ist.
00:47:51Du weißt selbst, die Wirklichkeit sieht anders aus.
00:47:55Aber wir, sind wir nicht auch die Wirklichkeit?
00:47:58Ein Teil von hier.
00:47:59Ein winziger Teil.
00:48:02Und wenn in wenigen Wochen der Krieg die Wirklichkeit ist?
00:48:08Ich werde dir die Verbindung zur Schal schaffen.
00:48:11Du hast recht, man muss ihn warnen.
00:48:12Also, wann und wo willst du ihn treffen?
00:48:15Ich muss das mit meinen Freunden besprechen.
00:48:17Du kriegst bald Nachricht.
00:48:19Ach, darüber findet wohl erst ein Kronrat statt.
00:48:21Aber eine Besprechung mit zwei, drei Genossen.
00:48:23Und du allein kannst das nicht entscheiden?
00:48:24Nein.
00:48:25Nichts für mich.
00:48:26Ich liebe keine Bevormundung.
00:48:28Ich handel nach meinem Willen, nach meinem Gefühl.
00:48:30Stimmt nicht.
00:48:31Stimmt.
00:48:31Dann hättest du gestern, nach deinem Gefühl, dem Auto die Bahn geschnitten und es angehalten.
00:48:39Und nach deinem Willen diese Bande zur Rede gestellt.
00:48:42Du hast es aber nicht getan.
00:48:44Dank deiner Bevormundung.
00:48:46Dank deiner Vernunft.
00:48:48Ich weiß, du hast es für mich getan.
00:48:51Dein Gefühl für Gerechtigkeit hätte etwas anderes verlangt.
00:48:54Aber ich habe...
00:48:56Sag noch einmal, dass du mich liebst.
00:48:59Sag es noch ein einziges Mal.
00:49:01Ich weiß ja, es ist Unsinn, aber es tut so gut, daran zu glauben.
00:49:07Was sind Worte?
00:49:09Worte können wie Liebkosum sein.
00:49:13Sag es noch einmal.
00:49:15Lüg noch ein einziges Mal.
00:49:16Und wenn ich nicht lüge?
00:49:22Wenn es wahr ist.
00:49:46Ich kenne ein altes Volkslied.
00:49:55Kenne ich es auch?
00:49:56Vielleicht.
00:49:58Schenkte der Herr König mir seine ganze Stadt Paris.
00:50:02Und wollte er, dass ich dafür
00:50:03meine liebsten Liebe ließ.
00:50:06Sprech ich Siehe.
00:50:09Ihr habt ihr dies wieder,
00:50:11euer Groß Paris.
00:50:13Lieber als das alles Siehe.
00:50:15Lieber ist die Liebste mir.
00:50:20Ein Glück für dich,
00:50:21dass wir eine Republik haben.
00:50:23Du Troubadour.
00:50:25Kennst doch das?
00:50:27Der Liebsten hätte ich versprochen.
00:50:30Ich liebte sie bis zur Grabesstadt.
00:50:33Schön auf ein Aprikosenblatt
00:50:34hätte dies Versprechen nicht gestochen.
00:50:37Doch da hebt sich ein Lüftchen nur.
00:50:39Ade das Blatt, ade der Schwur.
00:50:45Es ist Zeit für dich.
00:50:46Es ist schon fünf.
00:50:48Warte einen Augenblick.
00:50:51Alles erscheint Henri auf einmal verändert.
00:50:55Es fällt ihm nicht leicht,
00:50:56sich von dem Raum zu trennen,
00:50:57in dem er glücklich war.
00:51:01Er hatte Lucie noch nie richtig gesehen.
00:51:04In Wirklichkeit ist sie schöner,
00:51:05klüger, zärtlicher.
00:51:06Ich könnte es jetzt besser zeigen.
00:51:09Danke, Henri.
00:51:10Willst du wiederkommen?
00:51:18Du weißt, das hängt nicht von mir ab.
00:51:20Ich verstehe.
00:51:21Und ich wollte dir nur noch sagen,
00:51:22dass du hier jederzeit
00:51:23ein sicheres Quartier finden kannst.
00:51:26Und dass du vergessen kannst,
00:51:27was zwischen uns war.
00:51:28Was hast du?
00:51:53Ich möchte mich
00:51:54an das alles erinnern können.
00:51:55Wie sich das Leben für mich
00:52:00in diesen wenigen Stunden
00:52:01verändert hat.
00:52:05Ich nehme Freude, Mut und Hoffnung
00:52:07mit hinaus.
00:52:08Nein,
00:52:10den Mut und die Hoffnung
00:52:11hatte ich.
00:52:15Aber wenig Freude.
00:52:19Ich wusste nicht,
00:52:20wie schön das Leben sein kann.
00:52:21wie lebenswert.
00:52:31Vielleicht ist dies
00:52:32eine ganz private Sache.
00:52:34Doch sie gibt mir
00:52:35eine große Lust zu kämpfen.
00:52:37Eine wunderbare Freude.
00:52:40Für Lucie
00:52:41sind diese Worte
00:52:41die schönste Liebeserklärung.
00:52:43eine große Rolle.
00:52:43Ich bin sehr dankbar.
00:53:03Moment.
00:53:03Ist was?
00:53:04Ja.
00:53:05Dein Fahrrad und deine Sachen.
00:53:06Ich hole sie aus der Garage.
00:53:07Donnerwetter,
00:53:08ich hatte das Zeug
00:53:08total vergessen.
00:53:09Also doch verhext.
00:53:16Henri hat bereits Abstand zu dem gewonnen, das in den letzten Stunden geschah.
00:53:21Es gelingt ihm aber nicht, sich völlig in den zurückzuverwandeln, der er noch gestern war.
00:53:31Hier, mein Lieber, und vergiss es nicht wieder bei einer ähnlichen Gelegenheit.
00:53:35Solche Gelegenheit gibt es nur einmal.
00:53:39Dein Glück?
00:54:01Du, ich werde in den nächsten Wochen abends im Atelier sein.
00:54:05Und oft auch schon nachmittags.
00:54:09Und wenn einer meiner Kameraden ein Quartier braucht?
00:54:19Nur für den Notfall.
00:54:20Lass mir ein bisschen Zeit, Henri.
00:54:21Ich möchte in den nächsten ein, zwei Wochen dort nur dich um mich haben. Versteh das bitte.
00:54:35Es war vielleicht dumm, dich darum zu bitten.
00:54:43Wenn es sehr wichtig ist, dann schick, wen du willst. Mit einem Zeichen von dir.
00:54:46Das ist ja wunderbar. Das ist für uns ein ganz großes Plus.
00:54:50Und auch für deinen Monteur. Den Charme.
00:54:51Du wirst es später mal besser verstehen.
00:54:54Meinst du?
00:54:55Es ist Lucie nicht leicht gefallen, Henri diese Zusage zu geben.
00:54:56Aber sie liebt ihn. Sie kann und will ihn nicht enttäuscht von sich gehen lassen.
00:54:57Und auch für deinen Monteur. Den Charme.
00:54:58Und auch für deinen Monteur. Den Charme.
00:55:07Du wirst es später mal besser verstehen.
00:55:09Meinst du?
00:55:10Es ist Lucie nicht leicht gefallen, Henri diese Zusage zu geben.
00:55:16Aber sie liebt ihn. Sie kann und will ihn nicht enttäuscht von sich gehen lassen.
00:55:40Ja.
00:56:08Ja. Ich glaube es ist Zeit.
00:56:13Wenn wir noch lange bleiben, wird es immer schwerer für uns.
00:56:20Ich bring dich noch bis zur Brücke.
00:56:22Bleiben Sie da stehen! Bleiben Sie stehen!
00:56:26Wo laufen Sie denn hin?
00:56:27Was ist das?
00:56:30Nein!
00:56:31Nein!
00:56:35Da muss ja jemand helfen.
00:56:36Nein!
00:56:40Bist du wahnsinnig?
00:56:41Du willst von nachher auf der Präfektur vernommen werden.
00:56:43Das ist egal.
00:56:44Das ist meine Sache.
00:56:45Verschwinde.
00:56:46Denk an deine Sache.
00:56:47Nein!
00:56:48Nein!
00:56:49Wir werden hier nicht schaffen.
00:56:51Nein!
00:56:52Nein!
00:56:53Nein!
00:56:56Schnell, schnell.
00:56:57Sie müssen helfen!
00:56:58Sie sind von der Brücke hingekommen!
00:57:00Schnell, schnell. Sie müssen helfen.
00:57:10Jemand ist von der Brücke gesprungen.
00:57:11Wir müssen Sie ganz schnell machen.
00:57:12Eilen Sie sich.
00:57:13Schnell, schnell, schnell, schnell.
00:57:30Zu spät.
00:57:47Alle Achtung. Sie hat's geschafft.
00:57:49Ein Mordsmädel.
00:57:53Haben Sie den Sprung gesehen? Erstlassig.
00:57:55Das muss eine Schwimmerin sein.
00:57:58Trotzdem Mut gehört dazu, finden Sie nicht?
00:58:00Na ja.
00:58:02Ja, na ja.
00:58:03Ich sehe schon, Sie sind Angler.
00:58:05Da interessiert Sie sowas natürlich nicht.
00:58:07Sind Sie etwa kein Angler?
00:58:09Und außerdem hat mich das interessiert.
00:58:11Na schön.
00:58:12Versuchen Sie, ob etwas anbeißt.
00:58:18Henri hat noch immer die erregte Stimme im Ohr, mit der Lucie im Zurief.
00:58:21Verschwinde, denk an deine Sache.
00:58:24Ja, er wird nachher an Land steigen und über Neuilly und Coulomb nach Bézanne hinaus fahren.
00:58:31Er ist erfüllt von Kraft, Glück und Dankbarkeit, wie noch nie in seinem Leben.
00:58:39Er ist erfüllt von Kraft!
00:58:41Ja, er ist auf allein, aber Sie leben.
00:58:42Er ist erfüllt von Kraft!
00:58:44Musik
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