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September 1994: Im Tagebau Zwenkau wird ein Skelett gefunden,
eingewickelt in einen Teppich. Jahrelang kann der Tote nicht
identifiziert werden. Dann bitten die Ermittler das FBI um
Hilfe.

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Transkript
00:00Ein Video der Leipziger Polizei. Es zeigt den Fundort einer Leiche.
00:07Oberflächlich in einer Kuhle, verscharrt und eingewickelt in einen Teppich liegt da ein menschliches Skelett.
00:13Doch wer ist das Opfer? Bis die Leiche identifiziert werden kann, vergehen fünf Jahre.
00:19So lange hält der Fall die Leipziger Mordkommission in Atem.
00:30Der Zwingauer See südlich von Leipzig.
00:42Wo heute klares Wasser zum Baden einlädt, befand sich in den 1990er Jahren ein riesiges Braunkohleabbaugebiet.
00:51Die Gegend ist noch immer vom Tagebau geprägt. Aber viel hat sich seither geändert.
01:00Was Marion Radatz vor 27 Jahren allerdings in dieser Gegend erlebt hat, ist traumatisch und hat sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis gebrannt.
01:11Die Mark-Kleeberger-Zahnärztin erinnert sich.
01:16Es sind Jahrzehnte zurück. Es war weite Fläche, bisschen gestrüpp, hohes Gras.
01:23Überhaupt nicht zu vergleichen mit der Landschaft, die wir jetzt hier haben, die traumhaft schön ist.
01:27Damals war es totes Land. Niemandsland. Es war also richtig eine öde Landschaft.
01:36Darum bin ich ja überhaupt damals hierher gekommen.
01:40Es ist der 4. September 1994. Ein Sonntag im Spätsommer.
01:47Marion Radatz will ihren damaligen Barseurüden Zeus für ein Rennen trainieren.
01:52Das war damals mein erster Windhund. Und ich war noch sehr unerfahren und habe natürlich von vielen Fachleuten gehört, wie man mit einem Windhund umgeht.
02:04Und dass der unbedingt mal Hetze aufnehmen muss und einen Hasen jagen muss.
02:09Darum bin ich also in dieses Ödland gefahren und habe gedacht, irgendwo ein Kaninchen- oder Hasenbau zu finden,
02:16um den Hund dann mal richtig spitz zu machen, dass er laufen kann.
02:21Komm, such Zeus, such.
02:23Wo sind die Kaninchen?
02:28Doch Zeus findet keine Kaninchen.
02:31Dafür macht Marion Radatz in der Nähe einer wilden Müllhalde eine unheimliche Entdeckung.
02:36Es war eine Kuhle. In der lagen Fußboden, Belachsreste und es stand Wasser.
02:48Und unheimlich viele dicke, weiße Maden waren in dieser Pfütze.
02:54Und aus der Pfütze ragte so ein weißer, großer Knochen.
02:58Ich wurde skeptisch, weil die Maden und der Knochen, das passte irgendwie nicht zusammen, dass ein Tier verendet ist,
03:06dass Schlachtabfälle in den Wald geworfen wurden.
03:10Und bin eben näher rangegangen und habe gesehen, dass es ein menschlicher Knochen war.
03:16Ein Anblick, den die Zahnärztin nie vergessen wird.
03:19Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man einen kranken Menschen oder auch einen Menschen in der Anatomie als Student sieht.
03:31Als wenn man in den Wald geht und so etwas findet.
03:34Und dann auch das Gefühl, hier liegt jemand verscharrt und das hat kein Mensch verdient.
03:40Was kann da passiert sein?
03:42Das sind alles so Sachen, die einen bewegen und vor allen Dingen dieses gruselige Gefühl.
03:46Jetzt haben wir den Westen, jetzt sind alle Kriminalfälle direkt bei uns vor der Haustür.
03:54Und das war entsetzlich.
03:57Marion Radatz fährt sofort nach Leipzig und alarmiert die Polizei.
04:08Mario Luda ist damals einer der ersten Beamten am Fundort.
04:12Der Kripo-Kommissar steht 1994 noch ganz am Anfang seiner Karriere.
04:18Heute ist Mario Luda Polizeidirektor bei der Leipziger Bereitschaftspolizei.
04:24Obwohl fast 30 Jahre vergangen sind, kann er sich an den Toten im Teppich noch sehr gut erinnern.
04:30In der Mordkommission, die ja Zeit der Stuttgewesenen, gab es natürlich eine Unzahl von Fällen.
04:34Auch interessante Fälle, aber dieser war herausragend spektakulär.
04:38Doch zunächst steht die Polizei vor einem Rätsel.
04:43Wer ist der unbekannte Mann?
04:46Und wie ist er gestorben?
04:48Die Spurenlage ist dürftig, erinnert sich Mario Luda, der damals die Ermittlungen führte.
04:53Mehr als den Toten und die Spuren am Fundort hat die Polizei nicht.
04:57Und so veröffentlicht sie ein Video vom Fundort.
05:00In der Hoffnung auf Hinweise aus der Bevölkerung.
05:04Zu sehen ist eine illegale Mülldeponie.
05:08Dort befindet sich der eigentliche Auffindeort der Leiche.
05:12Wildtiere hatten die Stelle aufgewühlt, sodass Knochen zum Vorschein kamen.
05:16Das Opfer war nur oberflächlich verscharrt, an den Händen gefesselt und in einer Teppichauslegware verschnürt.
05:23Dadurch wird klar, der Fundort ist nicht der Tatort.
05:32Wenn der hier draußen umgebracht worden wäre, der Mensch, dann wäre der mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in den Teppich eingewickelt worden,
05:40sondern der Teppich diente aus unserer Sicht her zum Transport der Leiche und zum Verschleiern des Transportes der Leiche.
05:46Doch Hinweise aus der Bevölkerung gibt es nicht.
05:49Weitere wichtige Erkenntnisse erhält die Polizei durch die Autopsie.
05:53In der Rechtsmedizin haben wir dann relativ zügig festgestellt, dass ein Einschussloch am Hinterkopf gewesen ist.
06:02Es sah aus wie ein aufgesetzter Schuss, also eine Art Hinrichtung vielleicht, aber zumindest aus nächster Nähe.
06:08Und das spricht schon für eine gewisse Skrupellosigkeit des Täters.
06:14Christian König ist einer der Rechtsmediziner, die damals die Obduktion durchgeführt haben.
06:19Wir haben einen Verstorbenen gehabt, der verpackt war in Lastematerial, Fußbodenbelag.
06:29Das Material war um ihn herum drapiert, mit mehreren Touren von Klebeband verschlossen.
06:36Und nachdem wir die Verpackung geöffnet haben, hat sich uns ein männlicher Verstorbener gezeigt.
06:43Von der Größe her etwa 1,85 Meter.
06:47Vom Körperbautyp her muskulös und kräftig.
06:51Im Erscheinungsbild her ein Mann im jüngeren Lebensalter.
06:55Ein Mann, der höchstens 35 Jahre alt geworden ist und für ein bis zwei Jahre im Erdreich gelegen haben muss.
07:04An seinem linken Bein finden die Rechtsmediziner einen chirurgisch versorgten Knochenbruch.
07:09Wir haben vor der Obduktion eine Röntgenuntersuchung durchgeführt.
07:14Hier ist ein chirurgisch versorgter Knochenbruch zu erkennen mittels einer Zugschraube und sieben Schrauben, mit denen diese Platte befestigt ist.
07:24Als wir die dann später vom Knochen gelöst haben, haben wir einen Schriftzug MLW 119 gefunden.
07:31Die Herstellerbezeichnung und Typenbezeichnung. Also ein medizinisches Gerät aus DDR-Zeiten.
07:39Nun hofft die Polizei, den Toten schnell über den damaligen Chirurgen oder das Krankenhaus zu identifizieren.
07:45Doch was zunächst nach einer schnellen Aufklärung aussieht, entpuppt sich als äußerst verzwickte Angelegenheit.
07:54Wir haben auch den Hersteller gefunden im Bereich Chemnitz, aber das war halt eine Massenproduktion von diesen Platten.
08:01Das war einfach nicht mehr nachvollziehbar, in welchem Krankenhaus in Sachsen oder in der damaligen DDR die Platte eingesetzt worden ist.
08:08DNA war damals noch nicht so ausgeprägt zur Untersuchung. Es gab auch keine DNA-Datenbanken.
08:16Und wir hatten jetzt wirklich nichts, was irgendwie relativ zügig eine Identifizierung hätte herbeiführen können.
08:21Das war einfach eine Nullnummer in diesem Fall.
08:24Ab September 1994 arbeiten zeitweise bis zu 15 Ermittler an der Lösung des Falles.
08:32Die Mokko-Löwe, benannt nach der Halskette des Toten mit einem goldenen Sternzeichen Löwe-Anhänger,
08:38hofft auf weitere Erkenntnisse zur Identität des Opfers.
08:43Durch diese Kette, eine goldfarbene Uhr und durch die Kleidung.
08:47Wir haben versucht, über die Kleidungsstücke-Identifizierung herbeizuführen, aber die Täter hatten alle im Magen herausgetrennt.
09:00Der Schmuck entpuppt sich als Massenware.
09:03Und auch ein Abgleich mit den Vermisstenfällen der letzten Jahre verläuft ergebnislos.
09:08Ja, die Vermisstenanzeigen sind wir natürlich durchgegangen.
09:11Aber die 90er Jahre, als wir den gefunden haben, 1994, die waren ja so unstät.
09:19Es gab ganze Lebensabbrüche, wo die Menschen einfach ihre Heimat verlassen haben,
09:25ohne sich irgendwo gemeldet zu haben.
09:26Wir sind halt in die alten Bundesländer gegangen oder gar ganz weggegangen.
09:30Dass wir auch wenig Hoffnung hatten, dass wir dort relativ zügig zum Ergebnis kommen.
09:35Aber wir haben es bundesweit abgeglichen, aber es war einfach kein Ergebnis zu erzielen.
09:41Die neuen Bundesländer nach der Wiedervereinigung.
09:47Eine Zeit des Umbruchs und der Veränderung.
10:04In Leipzig treibt zu dieser Zeit eine kleinkriminelle Bande aus vier Männern und zwei Frauen ihr Unwesen.
10:10Alkohol spielt in der Gruppe eine große Rolle.
10:15Fast alle sind seit DDR-Zeiten Polizei bekannt.
10:18Vor allem wegen Eigentumsdelikten.
10:23Dass es zwischen der Bande und dem Toten im Teppich eine Verbindung gibt, bekommt die Polizei erst viel später heraus.
10:29Doch noch fühlt sich die Gruppe sicher, als sie in einer Aprilnacht 1992 in ein vietnamesisches Teppichlager einbricht.
10:38Während die beiden Frauen am Transporter warten, räumen die vier Männer das Lager aus.
10:44Die Teppiche sollen später verkauft werden.
10:46Alles geht glatt.
11:02Doch am Ende kommt es zwischen den beiden Chefs der Bande zum Streit um die Kasse.
11:06Der Jüngere will einen höheren Anteil an der Beute und droht sogar, die Bande bei der Polizei anzuschwärzen.
11:14Die Stimmung in der Gruppe kippt.
11:22Zunächst erfährt niemand, wie es mit den Kleinkriminellen weitergeht.
11:25Es vergehen Jahre, bis die Polizei dem Sextet auf die Schliche kommt und die Verbindung zum unbekannten Toten von Zwenkau herstellen kann.
11:37Dann hilft den Ermittlern plötzlich ein Zufall weiter.
11:42Im Frühjahr 1998, bei einem privaten Sektempfang, lernt Mario Luder den amerikanischen Vizekonsul kennen.
11:49Beim Smalltalk mit dem charmanten Amerikaner kommt die Sprache auch auf den Toten im Teppich.
11:55Und dann hat er mich gefragt, wie sieht es denn so aus?
12:02Und ich habe gesagt, wir kommen nicht weiter.
12:04Und er sagte, yes, ich habe eine gute Idee.
12:05Und er sagte, ich rede mit den FBI, dass wir euren Schäden rekonstruieren und dann hast du das in drei Monaten spätestens.
12:13Und das war wirklich ein Lichtblick.
12:16Das war cool.
12:17Das war einfach cool.
12:19Kein Problem, no problem.
12:20We can do it, das machen wir.
12:22Okay?
12:23Super.
12:23Noch im April 1998 ist es soweit.
12:37Der Schädel des unbekannten Toten aus Zwenkau, sicher verstaut in einem Pappkarton,
12:42fliegt mit der Diplomatenpost zum FBI nach Washington.
12:45Das Federal Bureau of Investigation, kurz FBI, Amerikas zentrale Sicherheitsbehörde.
12:57Während die Gesichtsweichteilrekonstruktion in Europa 1998 noch in den Kinderschuhen steckt,
13:04gehört sie beim FBI längst zum forensischen Alltag.
13:07Hier wird 1998 auch der Schädel des Toten aus Zwenkau rekonstruiert.
13:12Heute ist die Gesichtsweichteilrekonstruktion auch in Deutschland eine gängige Methode.
13:25Doch Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet sind nach wie vor rar.
13:30Steffi Burath ist eine von ihnen.
13:32Die Magdeburgerin ist gelernte Modezeichnerin, hat in den 1990er Jahren Phantombilder angefertigt
13:39und wurde dann vom LKA Sachsen-Anhalt zu einer Weiterbildung in der Gesichtsweichteilrekonstruktion zum FBI nach Washington geschickt.
13:47Also ich hatte nur das alte DDR-Schulenglisch und das war ja nicht sehr viel.
13:55Und da war es natürlich zu Anfang schwer, aber die waren sehr, sehr nett dort.
14:00Also haben mich gleich in die erste Reihe gesetzt und mit der Zeit wurde das dann besser und dann konnte man sich ganz gut reinhören.
14:07Heute ist die Magdeburgerin eine gefragte Expertin, die auch aus dem Ausland Aufträge erhält.
14:15Ich bekomme den Schädel, der Sachbearbeiter, der den Fall bearbeitet kommt, selbst her, bringt ihn mir und bringt alle Unterlagen, die er bis dahin hat.
14:23Zum Beispiel den Obduktionsbericht und in dem Obduktionsbericht stehen schon Informationen.
14:30Ist das ein Mann, eine Frau, irgendwelche Besonderheiten, wie alt ist die Person?
14:35Dann bekomme ich die Fotos, dass man sagen kann, wie wurde die Person aufgefunden, wo wurde sie gefunden und was hat sie angehabt.
14:44Das ist ganz wichtig. Hier in diesem Fall sieht man zum Beispiel, da sind ältere Schuhe und die Schuhe sehen auch so aus, als hätten ältere Personen die getragen.
14:54Und das gibt mir natürlich ein gutes Gefühl, um was für eine Person handelt es sich.
14:59Was für Bekleidung trägt sie? Ist das ein jüngerer Mensch, ein moderner Mensch oder ein älterer Mensch oder ein sportlicher oder jemand, der Businesskleidung trug?
15:10Für ihre Arbeit benötigt Steffi Burath ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen, sehr gute anatomische Kenntnisse und handwerkliche Fähigkeiten, um die Form des Schädels und damit das spätere Aussehen zu bestimmen.
15:24Das sind Weichteilmarken. Das heißt, sie zeigen an, wie dick ist das vom Knochen bis zur Hautoberfläche direkt.
15:38Und diese Weichteilmarken, die werden für jede Leiche extra bestimmt.
15:42Und da gibt es so ein schlaues Buch, wo mal Menschen vermessen wurden mit Ultraschall und dann wurden Listen angelegt, wo man gesagt hat, in bestimmten Altersbereichen, zum Beispiel hier im Altersbereich 50 bis 59 Jahre,
15:57da ist bei den Männern an Punkt 1, das ist hier oben dieser Punkt, war der dünnste 4 Millimeter und der dickste 6,5.
16:05Die goldene Mitte ist 5 und wenn ich jetzt weiß, okay, der hat Konfektionsgröße 54, dann nehme ich eben die 5 oder noch ein klein bisschen da drüber.
16:15Und so mache ich für diese eine Person seine kompletten Weichteilmarken und klebe sie dann hier auf, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wo ging früher das Gesicht lang.
16:25Eine Woche arbeitet Steffi Burath an so einer Gesichtsweichteilrekonstruktion.
16:34Der Anteil erfolgreich identifizierter Personen liegt bei 35 Prozent.
16:39Im Fall des Toten von Zwenkau führt die Rekonstruktion des FBI in Washington zu einem Volltreffer.
16:47Mit dem Foto geht die Polizei Leipzig an die Öffentlichkeit.
16:51Im Sommer 1999 ist Mario Luda mit dem Fall zu Gast bei Kripo Live.
16:59Damals noch mit Moderatorin Birgit von Derschau.
17:02Ja, der Mann ist offensichtlich erschossen worden mit drei Kopfsteckschüssen.
17:07Es könnte sich um eine Art Hinrichtung gehandelt haben.
17:09Das Entscheidende in einem solchen Fall ist ja herauszufinden, wer das Opfer ist.
17:13Das war die Schwierigkeit jetzt für uns, dass dieser Schäde zum FBI gelangen musste.
17:18Und letztendlich sind die Kollegen vom FBI dann zu diesem Bild gekommen.
17:26Tatsächlich erhält die Polizei kurz nach der Veröffentlichung dieses Phantombildes Hinweise.
17:32Das Opfer könnte Matthias Barneck sein.
17:361958 in Chemnitz geboren, zu DDR-Zeiten immer wieder in Schwierigkeiten
17:41und seit der Wende ohne festen Wohnsitz ist Matthias Barneck der Leipziger Polizei
17:47durch Raubüberfälle und Einbrüche bekannt.
17:53Um sicherzugehen, dass Matthias Barneck auch der Tote von Zwengau ist,
17:58nimmt Professor Rüdiger Lässig von der Uniklinik Halle
18:01einen Abgleich zwischen Barnecks Krankenunterlagen und den Obduktionsergebnissen vor.
18:06Und in dem Fall war es dann so, dass herauskam, dass er in einem Krankenhaus aufgenommen worden war
18:17nach einem Rolltreppensturz und sich dort den Unterschenkel gebrochen hatte,
18:22auch auf den Kopf gefallen war.
18:23Das hieß also, es gab Vergleichsrundenaufnahmen vom Kopf
18:26und von dieser chirurgisch versorgten Unterschenkelfraktur.
18:30Und das waren letztlich die beiden entscheidenden Dinge,
18:33die dann hier zur Identifizierung geführt haben.
18:37Jetzt ist die Polizei einen ganzen Schritt weiter.
18:41Doch die entscheidenden Fragen sind noch offen.
18:43Wer hat Matthias Barneck getötet? Und warum?
18:49Bei der Leipziger Polizei meldet sich ein Mann,
18:52der Barnecks Foto in der Zeitung gesehen hat.
18:55Er kann wertvolle Hinweise geben, auch aus dem Umfeld von Matthias Barneck.
18:59Spitzname Barney.
19:00Der Zeuge, Ulrich K., kannte Barney aus dem Gefängnis.
19:16Sie saßen damals zusammen in der Justizvollzugsanstalt in Bautzen.
19:21Über dem Barney lernte er auch den Personenkreis um ihn herum kennen.
19:25Dabei handelte es sich um Uwe R., das Ehepaar Theo und Lydia H. und den Mike K.
19:34Letztendlich war es sein Gerechtigkeitsgefühl, was ihn zur Polizei getrieben hat.
19:39Er war sich sicher, dass einer der Täter aus der Personengruppe um den Barney stammen müsste
19:45und wollte, dass der Täter dafür bestraft wird.
19:48Jetzt nimmt die Polizei die Bande ins Visier, um Beweise für die Täterschaft zu finden.
19:55In Absprache mit der Staatsanwaltschaft werden die Telefone der Bandenmitglieder abgehört
19:59und der Ermittlungsstand gezielt in den Medien veröffentlicht.
20:03So will die Polizei erreichen, dass sich die Täter untereinander absprechen,
20:08weil sie wissen, dass man ihnen auf der Spur ist.
20:16Zudem haben wir Zeitungen in die Briefkästen der Tatverdächtigen gesteckt
20:20und mussten eigentlich nur noch warten, ob die Tatverdächtigen miteinander in Verbindung treten werden.
20:25Die Taktik der Polizei geht auf.
20:30Die Bande tritt untereinander in Kontakt und verrät sich am Telefon durch Täterwissen.
20:38Am 15. Juni 1999 werden Mike K., Theo und Lydia H., Uwe R. und Cornelia R. festgenommen und einzeln verhört.
20:52Zunächst verwickelt sich das Quintett in Widersprüche.
20:55Doch dann kommt die Wahrheit ans Licht. Und zwar durch Cornelia, genannt Conny.
21:07Es geschieht am 19. April 1992.
21:12Mike, Conny und Uwe treffen sich am späten Sonntagnachmittag bei Theo und seiner Ehefrau Lydia in Leipzig-Wiederitsch
21:19zu einem ihrer üblichen Trinkgelage. Nur Conny trinkt nicht mit.
21:23Sie ist im dritten Monat schwanger von Mike, ihrem Lebensgefährten.
21:28Vom Sofa im Nebenzimmer aus hört sie, worüber in der Küche gesprochen wird.
21:33Es geht um Matthias Barneck, der an diesem Nachmittag nicht dabei ist.
21:37Die Stimmung ist aufgeladen.
21:38Der ewige Streit um die Beute, die Drohung von Matthias Barneck, die Bande nach dem Einbruch in das vietnamesische Teppichlager bei der Polizei anzuschwärzen,
21:50hat die Atmosphäre in der Gruppe so vergiftet, dass die Situation an diesem Abend eskaliert.
21:54Lydia und Theo verfolgen einen teuflischen Plan.
22:03Ich glaube, Barney, der muss weg.
22:05Ich habe schon eine Idee, was er mit Barney machen könnte.
22:07Es gab immer mal wieder Spannungen zwischen Theo und Barney, aber auch zwischen Lydia und Barney.
22:18Er fühlte sich wegen der Aufteilung des Diebesguts betrogen und drohte damit, sie bei der Polizei zu verraten.
22:25Sollte keine Klärung gefunden sein.
22:27Alkohol, Rivalität oder die Angst, bei der Polizei verraten zu werden?
22:35Schwer nachvollziehbar, was genau zum Mordplan führt.
22:38Aber als Theo zeigt, dass er im Besitz einer Pistole mit Schalldämpfer ist, nimmt der Plan Gestalt an.
22:46Doch wer soll Matthias Barneck erschießen?
22:49Die Wahl fällt auf den 23-jährigen Maik.
22:52Barney hatte keine feste Bleibe in Leipzig und schlief mal hier und mal da und zuletzt bei Maik K. und Conny R.
23:05Somit war es für die Gruppe nur logisch, dass Maik das Tötungsdelikt begehen sollte.
23:14Mitten in der Nacht kommen Conny und Maik zurück in ihre Wohnung in Leipzig-Lindenau.
23:19Während Conny sofort zu Bett geht, weckt Maik seinen Freund, um mit ihm in der Küche noch ein Bier zu trinken.
23:29Er zögert, Matthias Barneck zu erschießen.
23:32Überlegt sich sogar, ihn zu warnen.
23:34Doch in diesem Moment klingelt das Telefon.
23:36Maik war sich aufgrund des freundschaftlichen Verhältnisses zu Barney im Grunde genommen nicht sicher, ob er den Mord begehen sollte oder nicht.
23:50Er stand sogar einmal im Raum, ob er ihn nicht von dem Mordplan erzählen sollte, da er selbst nie Probleme mit Barney hatte.
23:58Am Telefon sind Lydia und Theo.
24:01Sie reden auf Maik ein, Matthias Barneck zu erschießen.
24:04Mike kann das Ehepaar abwimmeln und geht zurück zu seinem Freund in die Küche.
24:18Doch plötzlich klingelt es an der Tür.
24:21Lydia, Theo und Uwe stehen völlig betrunken vor der Wohnung.
24:25Maik lässt die drei widerwillig rein.
24:27Hallo, Barney.
24:33Wo warst du denn die ganze Zeit?
24:36Ja, mein Gott, das ist doch...
24:38Im Wohnzimmer kommt es zwischen Theo und Matthias Barneck zum Streit.
24:42Als Barneck genervt das Zimmer verlässt, ist Maik soweit.
24:46Scheiße, ey, reiß mir aus!
24:47Der lässt ja mal Arsch!
24:47Das war echt zu krass jetzt hier. Haut einfach ab. Ich kriege den Scheiß schon, aber verpisst euch einfach nur.
24:58Dann macht euch raus.
25:01Letztendlich war es der Gruppenzwang, der ihn dazu getrieben hat.
25:05Am frühen Morgen des 20. April 1992 schießt Maik K. seinem Freund Matthias Barneck dreimal mit der aufgesetzten Pistole in den Kopf.
25:19Als er noch Lebenszeichen von sich gibt, drückt er ihn die Luft mit einem Kissen ab.
25:25Erst sieben Jahre später berichtet Conny der Polizei, was sie in jener Nacht gesehen hat.
25:31In der Zeit ist sehr viel passiert.
25:36Zum einen hatte sie Maik K. für eine andere Frau verlassen, obwohl sie schon zwei Kinder hatte.
25:43Und zum anderen herrschte auch viel Gewalt in der Beziehung.
25:47Am 20. April 1992, einem schönen Frühlingstag, transportieren die Bandenmitglieder den Toten nach Zwenkau und vergraben ihn auf dem Gelände des Tagebaus.
26:01Eingewickelt ist Matthias Barneck in einen Teppich, den die Bande kurz vor dem Mord in einem vietnamesischen Teppichlager erbeutet hatte.
26:09Zwei Jahre lang liegt seine Leiche dort unbemerkt, bis Marion Radatz 1994 das Skelett von Matthias Barneck findet.
26:19Die Zahnärztin Osmar Kleberg sammelt seither alles, was in der Presse über den Fall veröffentlicht worden ist.
26:25Das hat mich über all die Jahre, die Jahrzehnte kann man sagen beschäftigt, weil das war ein grausiger Fund.
26:34Das ist auch ein Anblick gewesen, den man nicht vergessen kann.
26:39Aber der Fall ist aufgeklärt worden.
26:41Der Fall ist abgeschlossen und es soll vielleicht auch ein mahnendes Beispiel sein, dass kein Verbrechen unaufgeklärt und ungesund bleibt.
26:52Im Frühjahr 2000 beginnt der Prozess gegen die Angeklagten vor dem Leipziger Landgericht.
27:00Nach sechs Verhandlungstagen wird Cornelia R. freigesprochen, weil man ihr keine Tatbeteiligung nachweisen kann.
27:06Die vier anderen werden am 7. Juni 2000 wegen gemeinschaftlichen Mordes verurteilt.
27:14Es hat zwar nur einer der vier Verurteilten geschossen, aber letztlich war es ein gemeinsamer Tatplan und die Tat insgesamt wurde gemeinsam umgesetzt.
27:27Obwohl Matthias Barneck im Schlaf verschossen wurde und das Gericht deshalb das Merkmal der Heimtücker anerkennt, werden keine lebenslangen Haftstrafen verhängt.
27:36Maik K. und Theo H. müssen für jeweils zwölf Jahre ins Gefängnis, Uwe R. erhält zehn Jahre und sechs Monate und Lydia H. elf Jahre Haft.
27:47Das Gericht hat herausgeführt, dass diese Angeklagten wahrscheinlich eine Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt zwischen zwei und drei Promille aufgewiesen haben.
27:59Und dass deshalb hier von einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit auszugehen ist.
28:03Und nach dem Strafgesetzbuch ist dann die Strafe dahingehend zu mildern, dass bei einer Einsatzstrafe, wie wir sagen, von lebenslanger Freiheitsstrafe,
28:15dann nur noch ein Strafrahmen zwischen drei und 15 Jahren zur Verfügung steht.
28:23Damals ein umstrittenes Urteil.
28:25Für die Ermittler steht jedoch im Vordergrund, dass der Fall nach so vielen Jahren aufgeklärt werden kann.
28:33Denn als die Leiche 1994 im Zwenkauer Tagebau gefunden wird, gibt es keine Hinweise auf die Identität des Toten.
28:41Vier lange Jahre kommt die Polizei nicht weiter, bis der Zufall hilft.
28:45Der Schädel des Toten wird beim FBI in Washington so authentisch rekonstruiert, dass ein Zeuge Matthias Barneck erkennt.
28:53Durch eine ausgeklügelte Ermittlungstaktik kommen die Leipziger Kriminalisten schließlich auf die Spur der Bande.
28:59Und damit auf Matthias Barnecks Mörder.
29:02Für mich ist halt immer wichtig, dass wir die Täter haben, dass wir der Bevölkerung zeigen können,
29:09wir als Polizei, gerade bei solchen Delikten, wir geben da nicht auf und irgendwann kriegen wir eben halt die Täter.
29:14Und das war das, wo man sagen kann, das war dann für mich auch der Abschluss des Falls und für meine Kollegen.
29:32Vertraue und glaube, es hilft, es heilt die göttliche Kraft!

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