Bei manchen Verbrechen stehen die Ermittler zunächst vor dem Nichts. Es zählt zu den Sternstunden kriminalistischer Arbeit, wenn es ihnen dann doch noch gelingt, den Fall aufzuklären.
So wie in Thüringen, wo 2016 eine Einheit für ungelöste Fälle aufgestellt wird. Ermittler aus Jena suchen nach einem Kindermörder, der die zehn Jahre alte Stephanie 1991 missbraucht und anschließend von der Teufelstalbrücke an der A4 geworfen hat.
Auch in Karlsruhe stehen die Ermittler vor einem beinahe unlösbaren Fall. Eine Vietnamesin ist spurlos verschwunden. Obwohl es keinerlei Spuren eines Gewaltverbrechens gibt, ist Kommissar Emil Stark davon überzeugt, dass der Ehemann seine Frau ermordet hat.
In beiden Fällen scheint es fast unmöglich, den Täter zu überführen. Wird es den Ermittlern trotzdem gelingen, ihren Fall zu lösen? (Text: ZDF)
So wie in Thüringen, wo 2016 eine Einheit für ungelöste Fälle aufgestellt wird. Ermittler aus Jena suchen nach einem Kindermörder, der die zehn Jahre alte Stephanie 1991 missbraucht und anschließend von der Teufelstalbrücke an der A4 geworfen hat.
Auch in Karlsruhe stehen die Ermittler vor einem beinahe unlösbaren Fall. Eine Vietnamesin ist spurlos verschwunden. Obwohl es keinerlei Spuren eines Gewaltverbrechens gibt, ist Kommissar Emil Stark davon überzeugt, dass der Ehemann seine Frau ermordet hat.
In beiden Fällen scheint es fast unmöglich, den Täter zu überführen. Wird es den Ermittlern trotzdem gelingen, ihren Fall zu lösen? (Text: ZDF)
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00:00Die Teufelstalbrücke. 1991 wird hier ein 10 Jahre altes Mädchen in die Tiefe geworfen.
00:22Der Kindermord bleibt 27 Jahre ungeklärt.
00:25Doch die Ermittler in Jena wollen nichts unversucht lassen, um den Täter doch noch zu überführen.
00:31Auch in Karlsruhe steht Kommissar Stark vor einem Rätsel.
00:35Eine Frau ist spurlos verschwunden, alles spricht für Mord.
00:40Gelingt es dem Ermittler, den Täter ohne Leiche zu überführen?
00:44Zwei abscheuliche Verbrechen und die Jagd nach den Tätern.
00:48Berlin-Reinickendorf. 4. März 2018, 8.30 Uhr.
00:58Ein Spezialeinsatzkommando der Berliner Polizei rückt an.
01:01Hans-Joachim G. soll heute festgenommen werden.
01:04Er wird verdächtig, die 10-jährige Stefanie missbraucht und von einer Brücke geworfen zu haben.
01:09Da wir keine objektiven Beweise hatten und da wir im wahrsten Sinne des Wortes ihn nur im Rahmen einer Vernehmung zu einem Geständnis führen können,
01:23dass wir dort auf diesen Punkt alles hinarbeiten mussten.
01:28Über ein Jahr haben die Ermittler Indizien zusammengetragen.
01:31Sie glauben, Hans-Joachim G. ist der Täter, doch Beweise haben sie nicht.
01:34Wenn der Mann nicht gesteht, war alles umsonst.
01:38Kriminalhauptkommissar Dirk Stiebitz aus Weimar soll den Tatverdächtigen vernehmen.
01:42Wie kriegen wir den zum Geständnis? Also wie zum Reden?
01:47Also das ist ja auch hochkompliziert.
01:48Sie können sich vorstellen, wenn Sie nach 27 Jahren da auftauchen und den Mann damit konfrontieren, begeistert ist er nicht.
01:54Und wenn Sie dann sagen, also jetzt, wenn Sie das zugeben, dann gehen Sie langjährig in den Knast.
01:58Das freut der Kaine. Also denen ja auch nicht.
02:00Also Sie müssen eine Möglichkeit finden, ihn dazu bewegen, sich zu öffnen.
02:06Der Einsatz ist sorgfältig geplant. Nichts bleibt dem Zufall überlassen.
02:12Die Ermittler haben auch externe Berater hinzugezogen.
02:15Sabrina Rizzo aus Hamburg ist Verhandlungs- und Verhaltensexpertin. Sie kann Menschen lesen.
02:22Mein Vorschlag nochmal, ich gebe ja nichts vor, sondern ich berate nur, ist es natürlich, ihn zu überfrachten.
02:29Weil in dem Moment, wo ich kognitiv überfrachtet bin, mache ich Fehler.
02:34Und diesen Moment, den muss ich provozieren. Und der Fehler für einen, der getötet hat, ist es zu gestehen.
02:43Geht das Konzept der Verhaltensexpertin Rizzo auf? Das Spezialeinsatzkommando fährt schweres Geschütz auf.
02:50Also Hans-Joachim G. befand sich in der Wohnung, fixiert vom SEK. Also zunächst etwas hilflos wirkend.
03:17War natürlich vollkommen überfahren, überfordert.
03:22Zähn ist mit der Situation, deswegen haben wir ja auch im Moment gewartet, bis wir ihn mit ihm konfrontiert haben, mit dem Tatverwurf.
03:28Aber er wirkte dann relativ gefasst. Und ich glaube, noch an der Wohnung hat er dann gesagt, dass er wusste, dass wir kommen.
03:36Also, dass die Polizei kommt und ihn damit konfrontieren wird.
03:39Polizeiinspektion Jena in Thüringen. 2016 wird hier die Soko Altfälle gegründet.
03:49Es geht um drei ungeklärte Kindermorder aus den 1990er Jahren.
03:54Stefanie Drews, zehn Jahre. Bernd Beckmann, neun Jahre. Ramona Kraus, zehn Jahre.
04:00An der Spitze der Soko Altfälle steht ein erfahrener Ermittler, leitender Polizeidirektor Lutz Schnelle.
04:09Ich wurde als Leiter dieser Soko Altfälle installiert. Und als Leiter haben sie eine vielseitige Funktion.
04:18Als erstes ein schlagkräftiges, professionelles Team zusammenzustellen.
04:26Und das habe ich aus dem Kollegenkreis der KBI Jena, Weimar und auch Saalfeld gemacht.
04:35Man nimmt dort Player, die man kennt. Man nimmt aber auch Player mit unterschiedlichen Eigenschaften und Fähigkeiten.
04:41Unter den Ermittlern der Soko Altfälle befindet sich auch erst der Kriminalhauptkommissar Dirk Stiebitz,
04:47der schon 1991 für die Polizei in Weimar im Fall von Stefanie ermittelte.
04:52Und ich muss sagen, dass dieser Fall mich die ganzen Jahre bis zur Gründung der Sonderkommission eigentlich nie losgelassen hat.
04:59Ich bin, weil ich ja damals mit involviert war in der Suche, in der Anzeigenaufnahme,
05:04war ich eigentlich der Einzige von der Soko, der diesen Fall schon live kannte.
05:09Und jedes Mal, wenn ich zum Beispiel über die Teufelstabbrücke gefahren bin, privat,
05:14dann kamen mir schon solche Gedanken hoch. Wer tut sowas? Wo ist der? Warum können wir das nicht klären?
05:21Also das hat schon in mir gearbeitet. Es gibt Fälle natürlich bei der Eispolizist, die man vergisst.
05:26Also weil das Leben ist schnelllebig, du sagst, ja, das vergisst man.
05:31Aber diesen Fall zum Beispiel habe ich nie vergessen können.
05:3424. August 1991. Weimar.
05:40Die 10-jährige Stefanie Drews wird vermisst.
05:43Als sie um 17 Uhr immer noch nicht wieder aufgetaucht ist, wenden sich die Eltern an die Polizei.
05:48Dirk Stiebitz versieht als junger Polizeibeamter seinen Dienst auf dem Revier.
05:52Ich hatte an dem Wochenende Dienst, also Bereitschaftsdienst.
05:57Und es war so, dass in den frühen Abendstunden die Eltern der Stefanie zu uns auf die Polizei kamen
06:04und eine Vermisstenanzeige erstatteten.
06:07Sie berichteten, dass das Kind vom Spielen im Bereich des Goethe-Parks nicht nach Hause gekommen sei.
06:11Der Goethe-Park in Weimar.
06:14Bei vermissten Fällen sind die ersten Stunden entscheidend.
06:18Kommissar Stiebitz weiß, je länger ein Mensch vermisst ist, desto geringer wird die Chance, ihn leben zu finden.
06:24Bei so einem Fall gehen natürlich die Warnlampen an.
06:27Man ist ja auch Familienvater.
06:30Viele haben dann auch kleine Kinder zu Hause.
06:33Und man ist ja nicht nur Polizist, man ist auch Mensch.
06:35Und das ist auch so ein schwieriges Unterfangen eigentlich, das in den Griff zu kriegen.
06:40Man muss das aber erstmal zurückdrängen, sag ich mal so.
06:42Das muss man lernen bei der Polizei.
06:44Und wie gesagt, bei sowas, wo der Verdacht besteht, dass hier Schlimmeres geschehen sein könnte,
06:52davon gingen wir ja aus, weil der Mann das angesprochen hat, Stefanie kam nicht nach Hause,
06:57wird natürlich, wir sagen dazu, alles gegeben.
07:01Die Ermittler beginnen vor Ort, den Ablauf der Tat zu rekonstruieren.
07:05Erste Zeugen werden vernommen.
07:08Stefanie wohnte ungefähr in diese Richtung, 200 Meter in der Museostraße.
07:14Und damals im August 91, es war ein warmer Sommertag, spielten sie und andere Kinder,
07:20unter anderem ihre Geschwister und Freundinnen hier an dem sogenannten Ochsenauge.
07:25Ja, es war ein warmes Wasser.
07:28Und die Kinder verbrachten einen gemütlichen Tag, erst Vormittag und gingen dann an den Nachmittag hier nochmal hierher.
07:35Wie wir später rekonstruierten, befand sich der Täter hier oben hinter dem Felsen, was man hier sieht,
07:42ungefähr zwei Stunden lang und nach eigenen Angaben und hat hier die Kinder beobachtet.
07:49Und er fasste hier den Entschluss, ein Kind anzusprechen.
07:52Der Unbekannte verwickelt die Kinder zunächst in ein harmloses Gespräch.
07:57Nach circa einer halben Stunde fragt er, ob ihm eines der Kinder den Weg zum nahegelegenen Schloss Belvedere zeigen würde.
08:03Er lockt mit 50 Mark.
08:05Stefanie kam aus sozial schwachen Verhältnissen, sparte auf einen Fahrrad und brauchte das Geld.
08:10Und 50 Mark waren damals viel Geld für das Kind.
08:13Und deshalb schlug sie wohl auch ihre Angst in den Wind und ging dann mit dem Mann mit.
08:18Fotos vom Goethe-Park aus den Ermittlungsakten von 1991.
08:25Als Stefanie nach einer Stunde immer noch nicht wieder aufgetaucht ist, alarmieren die Kinder ihre Eltern.
08:30Es liefen dann sofort umfangreiche polizeiliche Maßnahmen.
08:35Beispielsweise wurden an dem Abend noch mal Mitschüler befragt, die Kinder informatorisch befragt.
08:41Wir haben an dem Sonntag, also dem 25. August, mit Kräften der Schutzpolizei den Goethe-Park abgesucht,
08:50weitere Ermittlungen durchgeführt und die sich dann auch an dem Montag, dem 26. August fortsetzen.
08:56Ich kann mich daran an, dass ich dann sogar Polizeihubschrauber geflogen bin.
09:00Den haben wir noch aus Berlin angefordert, weil Thüringen noch keinen eigenen hatte.
09:04Er musste aus Berlin kommen, aber das brachte erst mal keinen Erfolg.
09:10Stefanie scheint spurlos verschwunden.
09:14Die Teufelstalbrücke an der A4 nahe dem Hermsdorfer Kreuz, keine 50 Minuten von Weimar entfernt.
09:20Am Montagnachmittag gegen 16 Uhr entdecken Kinder beim Spielen unter der Autobahnbrücke die Leiche eines jungen Mädchens.
09:30An dem 26., ich glaube 17, 18 Uhr, genau weiß ich es nicht mehr, aber so ungefähr war es, wo die Meldung einging.
09:37Und es war ja nicht klar, dass Stefanie das ist, sondern man ist erst ein Kind wurde gefunden.
09:42Aber es war dann recht schnell Gewissheit nach kurzer Zeit, dass das Stefanie ist.
09:46Stefanie fällt vom Brückenrand der Teufelstalbrücke 48,5 Meter in die Tiefe.
09:53Ihr Körper kommt ca. 8 Meter entfernt vom Brückenrand zu liegen.
09:57Die Leiche von Stefanie wird in der Gerichtsmedizin in Erfurt obduziert.
10:01Also das Obduktionsergebnis damals 1991 ergab, dass Stefanie todesursächlich war der Sturz von der Brücke,
10:09Sturz aus großer Höhe, dass sie also noch gelebt hat und dass möglicherweise ein Sexualverbrechen im Raum stehen würde,
10:17weil der Slip, ich glaube, auf links gedreht war. Also äußerlich war nichts zu sehen.
10:24Aber diese Bekleidung war eben verändert und sie hatte Beruhigungsmittel im Blut.
10:30In ganz Thüringen wird nach dem Täter gesucht.
10:34Landesweit wird die Bevölkerung um Hinweise auf ein Fahrzeug mit Dresdner Nummer gebeten, das am Tatort gesehen worden war.
10:42Sogar Aktenzeichen XY ungelöst wird eingeschaltet.
10:45Der erste Neufall, meine Damen und Herren, beschäftigte vor einem Dreivierteljahr vor allem die Menschen in der Goethe- und Schillerstadt Weimar.
10:54Sabrina, Stefanie und ihre Geschwister halten sich an diesem Tag im oberen Teil des Parks bei der bekannten Sphinxgrotte auf.
11:02Auch der junge Mann, der den beiden Mädchen am Tag zuvor Eis angeboten hat, ist an diesem Nachmittag wieder im Park.
11:08Die junge Frau mit dem Kinderwagen erinnert sich später nicht, den Fremden, der mit den beiden Mädchen längere Zeit spricht, deutlich gesehen zu haben.
11:17Aus den späteren Ermittlungen der Polizei ergibt sich, dass Stefanie Drews vermutlich in der folgenden Nacht in bewusstlosem Zustand auf die Autobahnbrücke Teufelstal gebracht wurde, etwa 35 Kilometer von Weimar entfernt.
11:30Dort hat der Täter das Kind dann in die Tiefe geworfen.
11:40Stefanie stirbt an den Folgen des Aufpralls.
11:46Das Verbrechen hat die Bevölkerung in Thüringen sehr schockiert.
11:49Die Sonderkommission in Jena hat im vergangenen Dreivierteljahr alles Mögliche versucht und ist dem Täter praktisch aber doch nicht näher gekommen.
11:57Und dann haben Kollegen aus Weimar und auch Jena das weiter bearbeitet, nach meiner Erinnerung ungefähr bis März, April 1992.
12:09Ja, und es wurde sehr, sehr viel gemacht, also sehr, sehr viel Ermittlungen getätigt, Überprüfungen durchgeführt, aber letztendlich gab es keine Hinweise, die hätten zum Täter führen können.
12:21Also Konkretes gab es nicht, sodass dann damals leider die Akten geschlossen werden mussten.
12:24Wird die Soko Altfälle, die 25 Jahre später ihre Arbeit aufnimmt, den Mord von der Teufelstalbrücke doch noch aufklären?
12:37Karlsruhe, Juli 2014.
12:40Kommissar Stark bekommt es mit einem mysteriösen Fall zu tun.
12:44Ein Ehemann meldet seine Frau Titan L. bei der Polizei als vermisst.
12:48Und er ist nicht der Einzige. Bereits einen Tag zuvor hatte ihre beste Freundin die Beamten kontaktiert.
12:54Während die Freundin sich dahingehend eingelassen hat, dass sie sich größte Sorgen macht um ihre Freundin,
13:02weil sie sie eben nicht mehr erreichen kann telefonisch, weil sie sie nicht mehr findet,
13:06weil sie ein Treffen, das verabreitet war, nicht stattgefunden hat und sie auch wisse,
13:11dass es in der Ehe in zurückliegender Zeit erhebliche Probleme gegeben hatte,
13:18machte sie sich, wie gesagt, um den Verbleib ihrer Freundin größte Sorgen.
13:22Der Ehemann ging mehr oder weniger, sage ich mal, gezwungen durch das Einwirken eben dieser Freundin auf ihn letztendlich zur Polizei
13:34und hat am Freitag, also einen Tag nach ihr, formell diese Vermisstenanzeige erstattet.
13:40Ermittler Stark hält die Vermisstenanzeige für ungewöhnlich und übernimmt deshalb den Fall.
13:46Das Ehepaar lebt hier im Stadtteil Durlach gemeinsam mit seinen zwei Kindern.
13:52Doch in der Ehe kriselt es offenbar.
13:57Ja, es kam schon öfters vor, dass sie abends dann wieder wegging, als sie zu Hause war.
14:03Und das ist jetzt nichts Außergewöhnliches, deswegen hat er jetzt eigentlich keinen Grund gesehen,
14:07sofort hier zur Polizei zu gehen und Vermisstenanzeige zu erstatten.
14:13Titan L. sei an diesem Abend, wie schon oft, kurz nach der Arbeit im Nagelstudio nach Hause gekommen und dann wieder gegangen.
14:22Die Frau hat sich zunehmend mehr nach außen orientiert, also von dem Ehemann insbesondere weg und hat ihre Freizeit mit anderen Personen verbracht.
14:33So konnten wir im Rahmen der Ermittlungen nachweisen, dass es vor dem Vermisstsein zu insgesamt drei außerirdischen Beziehungen beispielsweise gekommen ist, die die Frau geführt hatte.
14:48Stark und seine Kollegen schauen sich in der Wohnung des Ehepaars um.
14:52Hier finden sie etwas, das ihnen seltsam vorkommt, einen Wohnungsschlüssel.
14:56Offenbar ist es der Schlüssel von Titan L.
14:59Und zwar haben wir diesen Wohnungsschlüssel versteckt gefunden.
15:05Und zwar versteckt in einer Lebensmittelkiste im Flur, die in einem Regal abgestellt war, ganz unten.
15:12Und innerhalb dieser Lebensmittelkiste unter mehreren Lebensmitteln, also auf dem Boden der Kiste.
15:17Da muss ich anfügen, dass der Ehemann bei der Anzeigerstattung angegeben hat, dass die Ehefrau beim Verlassen der Wohnung, Mittwoch auf Donnerstag Nacht, eben ihre persönlichen Dinge mitgenommen habe, auch den Wohnungsschlüssel.
15:34Doch warum finden die Beamten den versteckten Schlüssel dann in der Wohnung?
15:39Spuren, die auf ein Verbrechen schließen lassen, finden die Ermittler nicht.
15:43Dennoch wird alles akribisch fotografiert. Und dann macht ein Nachbar eine wichtige Aussage.
15:51Der Nachbar war nachts noch mal kurz auf der Toilette und war starker Raucher und ist dann deswegen anschließend noch mal auf den Balkon gegangen, um eine Zigarette zu rauchen.
16:00Und dabei registrierte er dann zwischen 2.30 Uhr und 3 Uhr, dass irgendjemand das Haus verlässt und er hörte laute Klackgeräusche, die die Treppe herunterkamen.
16:14Erst wenig später hat er dann gesehen, wie quasi eben sein Nachbar, der Vietnamese, mit einem großen Koffer das Haus verlassen hatte.
16:23Und er schloss aus diesen Geräuschen und der Tatsache, dass es sich wirklich um einen großen Koffer handelte, darauf, dass der Koffer auch sehr schwer gewesen sein musste.
16:33Also der Mann wohl nicht in der Lage war, den Koffer die Treppe herunterzutragen.
16:38Den Koffer können die Ermittler in der Wohnung sicherstellen. Sie lassen ihn kriminaltechnisch untersuchen. Das wird allerdings einige Tage dauern.
16:45In der Zwischenzeit gelingt es stark, einen Liebhaber der Vermissten ausfindig zu machen. Er hatte sie am Vorabend noch in einer Bar getroffen.
16:56Der aktuelle Liebhaber der Vermissten hat uns gegenüber natürlich die Aussage gemacht, was sie genau geplant haben an diesem Mittwoch.
17:04Und da war auch dabei, dass sie abends beabsichtigt haben, hierher zu gehen, um etwas zu trinken, um eine Kleinigkeit zu essen.
17:11Also die Information kommt also vom Liebhaber der Vermissten.
17:15Die Ermittler sehen sich die Überwachungsvideos der Bar an. Tatsächlich entdecken sie Titan L. in einem auffälligen Kleid.
17:22Ein Kleid, das die Beamten bereits kennen. Sie hatten es in der Wohnung der Familie gefunden. Und das lässt nur einen Schluss zu.
17:31Und das war es für uns natürlich wirklich eine super Nachricht, als wir eben die Gewissheit hatten, wir haben das Kleid in der Wohnung gefunden.
17:38Wir haben die Schuhe in der Wohnung gefunden. Und natürlich nicht zu vergessen die Wohnungsschlüssel, auch in der Wohnung gefunden.
17:47Das waren also Dinge, die sich aneinandergereiht haben, die natürlich bei uns die Gewissheit reifeln ist,
17:53dass die Frau die Wohnung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Wohnung nicht mehr lebend verlassen hat.
18:01Der Ehemann der Vermissten rückt immer mehr in den Fokus der Ermittlungen. Kann Kommissar Stark ihn ohne Leiche überführen?
18:07Jena. Hier sichtet die Soko-Altfälle die Akten zum Fall Stefanie, die 1991 missbraucht und ermordet worden war.
18:22Es gibt nur 18 Aktenordner. Die Auswertung ist ernüchternd.
18:26Der Fall Stefanie D. war für uns ein unbekannter Fall gewesen und anhand des ersten Eindruckes der hoffnungsloseste Fall, der aussichtsloseste Fall.
18:39Es gab keine objektiven Spuren mehr. Wir hatten nur die Erkenntnisse und die Ergebnisse der Ermittlungen innerhalb der 18 Leitsordner.
18:52Selbst der Auffindeort der Leiche lässt sich nicht mehr genau feststellen.
18:57Die Teufelstalbrücke wurde abgerissen, 1997 neu aufgebaut und dabei das Gelände verändert.
19:03Dabei ist die Frage entscheidend, wurde Stefanie vom Täter ausgesetzt und fiel dann versehentlich von der Brücke oder wurde sie absichtlich heruntergestoßen?
19:12Totschlag verjährt nach 20 Jahren. Mord nie.
19:15Für Mord gibt es drei Merkmale. Niedere Beweggründe, Heimtücke und Grausamkeit, Verdeckung einer anderen Straftat.
19:25Um herauszufinden, ob es sich um Mord handelt, wenden sich die Ermittler an die Fakultät für angewandte Computer- und Biowissenschaften der Universität Mittweida.
19:42Ihr Leiter, Professor Dirk Labudde, gilt international als einer der führenden Datenforensiker.
19:48Kann Labudde die alte Brücke für die Ermittlungen der Soko digital rekonstruieren?
19:53Es war schon ein konkreter Auftrag, also wirklich den Tatort aus den 1990er Jahren oder Anfängen der 1990er Jahre wirklich darzustellen, zu modellieren.
20:05Und das ist wirklich die entscheidende Frage. Also wirklich die letzten Minuten der kleinen Stefanie darzustellen, um dann zu sagen, also war es Mord und es verjährt nicht und wurde sie wirklich gestoßen.
20:18Mit den topologischen Daten, Bauplänen und Fotos gelingt es Labudde und seinem Team, die alte Teufelstalbrücke digital detailgetreu wiederherzustellen.
20:29Jetzt kann das Tatgeschehen rekonstruiert werden.
20:31Wir haben uns das relativ einfach gemacht. Das soll jetzt nicht heißen, dass es einfach war, sondern wir haben erstmal angefangen und haben gesagt, gut, was ist der freie Fall, den man eben auch aus der Schule kennt.
20:44Also man nimmt ein Objekt und lässt es sozusagen aus einer wohldefinierten Höhe fallen und dann kommt es sozusagen an einem wohldefinierten Ort auf.
20:54Da haben wir mehrere Simulationen durchgeführt und hatten dann sozusagen eine Statistik und konnten festlegen, dass also der eigentliche Auffindeort nichts mit dem freien Fall der kleinen Stefanie Drews zu tun hat.
21:07Der blaue Kreis markiert den Auffindeort der Leiche, acht Meter vom damaligen Brückenrand entfernt.
21:14Die Rekonstruktion zeigt den freien Fall, ohne dass Stefanie gestoßen worden wäre.
21:19Der Ort des Aufpralls läge dann wesentlich näher am Brückenrand als der tatsächliche Auffindeort.
21:25Also wir können nicht abschließend sagen, also geworfen oder gestoßen.
21:28Was wir physikalisch exakt sagen können, sie wurde beschleunigt und hatte eine Anfangsgeschwindigkeit von 2,5 Meter pro Sekunde.
21:35Die physikalischen Berechnungen für den tatsächlichen Auffindeort der Leiche sind eindeutig.
21:41Stefanie wurde ermordet. Vom Täter fehlt weiterhin jede Spur.
21:47Neben dem Fall Stefanie Drews ermittelt die Soko-Altfälle auch wegen der Morde an Bernd Beckmann und Ramona Kraus.
21:53Den Ermittlern bleibt nichts anderes übrig, als sich auf die wesentlich umfangreicheren Akten der anderen beiden Fälle zu konzentrieren.
22:02Kriminalhauptkommissarin Claudia Becker-Fritz leitet die Auswertung.
22:05Eine Spur aus diesen Akten wird im Fall Stefanie Drews ganz entscheidend sein.
22:11Da wir uns damals in den Ermittlungen erstmal mehr auf Bernd Beckmann konzentriert haben,
22:17habe ich dann irgendwann Ende November, Anfang Dezember angefangen, die Gesamtakte zu lesen.
22:22Also wirklich jede Spur zu lesen, zu jeder Spur eine Bewertung zu machen.
22:28Was ist vielleicht noch nachzuermitteln? Wo müsste man Ermittlungen nochmal ansetzen?
22:33Und irgendwann, Ende Februar, also wirklich eine Zeit hat das gedauert, kam ich zur Spur 305.
22:42Spur 305. Das ist Hans-Joachim G., ein Lkw-Fahrer aus Weimar.
22:48Er ist sechsmal wegen Kindesmissbrauchs vorbestraft.
22:51Doch im Fall von Bernd Beckmann, um den es in der Akte eigentlich geht, hat er ein Alibi.
22:56Die Spur 305 waren drei Leitsordner und die habe ich dann gelesen.
23:00Die habe ich nicht nur einmal gelesen, die habe ich zwei-, dreimal gelesen,
23:03weil ich habe gedacht, diese Spur ist im Fall Bernd Beckmann ausermittelt.
23:08Aber das, was da drin steht, passt zu 100 Prozent eigentlich auf den Fall Stefanie.
23:15Zwischen 1969 und 1994 missbraucht Hans-Joachim G. mindestens zwölf Kinder.
23:21Fast ausschließlich Mädchen im Alter zwischen acht und zwölf.
23:25Die Tatorte liegen fast ausnahmslos in Thüringen.
23:28Hans-Joachim G. geht immer nach demselben Muster vor.
23:31Er spricht die Mädchen an, fragt nach dem Weg, bietet Geld und lockt sie in sein Auto.
23:35Anschließend verabreicht er den Kindern Beruhigungsmittel, fährt an eine entlegene Stelle und vergeht sich dann an ihnen.
23:43Der einzige Unterschied zum Fall Stefanie, die anderen Opfer haben überlebt.
23:47Hans-Joachim G. hat sie nach den Taten einfach ausgesetzt.
23:51Das sind so Punkte, wo ich sage, also wenn das nicht passt, dann was soll dann passen?
23:57Man ist dann richtig, ja innerlich schon aufgeregt, aber man sagt sich dann, jetzt musst du erstmal die Ruhe bewahren.
24:03Jetzt liest du erstmal alles zusammen und schreibst vor allem erstmal alles zusammen.
24:07Weil wir haben viele gehabt und das ist er und das kann er nur sein, das kann unser Täter sein.
24:12Was weiß ich, Spur 120, nee, dann ist es der nächste Spur 143.
24:16Und dann sagst du dir, jetzt machst du wieder in Ruhe, erstmal in Ruhe alles auftröseln.
24:21Kommissarin Becker-Fritz geht die Akten wieder und wieder durch.
24:25Harte Beweise gibt es keine, doch sie ist überzeugt, den Täter gefunden zu haben.
24:29Also ich habe mir, glaube ich, wirklich eine Woche oder 14 Tage Zeit gelassen, diesen Vermerk dann zu schreiben.
24:35Bis ich dem dann, ich habe den auch dabei, am 7.03.2017 der Soko-Leitung präsentiert habe.
24:45Wo ich gesagt habe, ich habe hier was, das muss ich jetzt mal, ich habe es auch zusammengeschrieben,
24:49dass es sich dann jeder durchlesen kann.
24:51Weil man ist natürlich aufgeregt, weil man sagt, Mensch, das könnte ja unser Täter Nummer eins sein.
24:56Und nicht im Fall Beckmann, den man ja gerade eigentlich bearbeitet, sondern in einem ganz anderen Fall.
25:01Hans-Joachim G. ist mittlerweile 65 Jahre alt und lebt in Berlin.
25:061994 ist er zum letzten Mal wegen mehrfachem Kindesmissbrauch verurteilt worden.
25:12Nach langjährigen Therapien kommt er 2008 wieder auf freien Fuß.
25:16Der Mann, also Hans-Joachim G., ist ja nach der Wende verurteilt worden, saß lange in Haft, wurde dann therapiert, kam hinaus, ich glaube 2006,
25:32und hat sich dann, ich sage es mal ganz einfach, eingerichtet.
25:35Er hat also sein Leben wiedergefunden, wohnte in Berlin, war LKW-Fahrer, wirkte also vollkommen unauffällig.
25:42Also ein ganz normaler Mann.
25:45Hat er Stefanie Drews getötet? Der finale Beweis fehlt den Ermittlern.
25:51Sie müssen Hans-Joachim G. festnehmen und befragen. Wenn er nicht gesteht, war die ganze Arbeit umsonst.
25:57Genau zu dieser Zeit besucht Soko Leiter Schnelle zufällig den Vortrag einer Verhandlungs- und Verhaltensexpertin,
26:04die über ein ungewöhnliches Talent verfügt. Sie kann Menschen lesen.
26:08Also der Vortrag war das Konzept, das ich entwickelt habe, um Menschen lesen zu können.
26:15Das besteht aus vier Bausteinen. Und diese vier Bausteine habe ich in diesem Vortrag vorgetragen.
26:20Was braucht man dazu? Einmal die Emotionen lesen können, das ist also die nonverbale Kommunikation.
26:26Dann, welchen Überzeugungshebel braucht speziell diese Person, mit der ich gerade verhandle?
26:32Dann brauche ich die Frage Technik, das ist der dritte Baustein, also die situative Rhetorik.
26:38Dann natürlich auch die Bedeutung von Antworten. Warum bekomme ich gerade die Antwort und nicht eine andere?
26:47Und der vierte Baustein ist natürlich, woran erkenne ich Inkongruenzen?
26:51Also von dem, was gesagt wird und dem, was ich sehe.
26:53Und die Inkongruenz ist ja ein Lügenindiz. Oder wenn es konkurrent ist, ist es ein Wahrheitsindiz.
27:01Und das zusammengefasst ist das Konzept. Und das habe ich vorgestellt.
27:06Körpersprache ist eine Form von nonverbaler Kommunikation.
27:10Dazu gehören Gestik, Mimik, Haltung und Bewegung, räumliche Beziehungen und Berührungen.
27:15Normalerweise entwickelt Sabrina Ritzo Verhandlungsstrategien für Top-Entscheider in der Wirtschaft.
27:27Soko Leiter Schnelle spricht sie nach ihrem Vortrag an. Er hat ein ungewöhnliches Anliegen.
27:32Sie soll ihr Wissen mit seinen Ermittlern für die Untersuchungen im Fall Stefanie Drews teilen.
27:37Ritzo stimmt zu.
27:38Man hat gesagt, Frau Ritzo, helfen Sie uns. Dann habe ich gesagt, gebt ihr mir alles, was ihr ermittelt habt.
27:45Gebt ihr mir bitte alle Dokumente, natürlich mit der Staatsanwaltschaft, abgesprochen.
27:50Sonst dürfte ich gar keinen Einblick nehmen. Alles, was ihr habt. Und ich lese daraus, was ich brauche.
27:58Wochenlang arbeitet Verhaltensexpertin Ritzo sich in den Fall ein und entwickelt eine Vernehmungsstrategie.
28:04In abgehörten Telefongesprächen von Hans-Joachim G. macht sie eine ungewöhnliche Entdeckung.
28:10Ich hatte über vier, fünf Stunden Tonaufnahmen abgehört. Also Telefongespräche, die eben geführt werden.
28:22Und auch da sind Hinweise für manche überhaupt nicht so wichtig.
28:26Aber ich hatte eine Sequenz, eine Sequenz, wo er mit seinem Stiefsohn telefoniert hat.
28:35Und jetzt muss man dazu sagen, dass jeder in der Körpersprache oder in der Mimik oder in der Stimme eine Baseline hat.
28:42Aus rechtlichen Gründen wurde dieses Telefonat nachgesprochen.
28:46Hans-Joachim G. bietet seinem Stiefsohn darin an, ihn in seinem LKW mitzunehmen.
28:50Wenn ich rede, habe ich Bilder im Kopf.
29:19Und wenn ich mich erinnere, dann werde ich entweder trauriger oder freudiger, je nachdem, von was ich berichte.
29:27Also umso intensiver das Bild in meinem Kopf ist, umso eher passt sich meine Stimmlage nach oben oder unten an.
29:34Und wenn die Nullinie unterschritten wird in Trauer und die geht noch mal weiter tiefer,
29:38dann muss neben dem sexuellen Missbrauch von Kindern noch mehr passiert sein.
29:42Ich bin dort nämlich nicht mehr auf dem LKW.
29:47Den LKW auch nicht.
29:50Ja?
29:51Das ist für mich ja alles Zukunftsabu.
30:04Das habe ich mir geschworen.
30:06Jetzt muss ich genau hinhören.
30:25In dem Moment, wo sich was verändert, höre ich genau hin.
30:27Und bei diesem Telefonat ist er nicht einmal abgebrochen nach unten in die Trauer, sondern noch tiefer rein in die Trauer.
30:36Das heißt also, wenn Sie sich vorstellen, Sie haben eine Nulllinie.
30:39Jetzt geht es in die Trauer, weil er über Kinder redet.
30:42Und jetzt geht es noch mal einen Ticken tiefer in die Trauer.
30:45Und dann muss ich mir sagen, holla, das war ein Teilgeständnis.
30:47Sabrina Rizzo weiß jetzt, wie der Tatverdächtige tickt.
30:52Sie hält es für möglich, dass er gesteht.
30:54Die einzige Chance für die Ermittler.
30:56Denn die vorliegenden Indizien wären für einen Prozess nicht ausreichend.
31:00Rizzo entwickelt für den Tag der Festnahme eine Strategie für die Ermittler.
31:04Frau Rizzo hat die Person sehr detailliert analysiert und hat den Vernehmern, den zukünftigen Vernehmern,
31:14nicht nur genau die richtigen Fragen an der richtigen Stelle zu stellen gesagt,
31:20sondern dass der Täter so und so reagieren wird.
31:24Und darauf müssen wir uns emotional, aber auch vernehmertaktisch vorbereiten.
31:30Am 4. März 2018 ist es dann soweit.
31:34Hans-Joachim G. soll festgenommen werden.
31:38Verhaltensexpertin Rizzo hat vorgeschlagen, ihn unmittelbar nach seiner Festnahme noch in seiner Wohnung zu vernehmen.
31:43Zwei erfahrene Ermittler der Soko halten sich bereit.
31:46Dass die Vernehmer bereits schon beim Zugriff unmittelbar die Ersten sind,
31:53die den Kontakt zu dem Tatverdächtigen haben, das war ein Hinweis von Frau Sabina Rizzo gewesen,
32:01der sehr wichtig war, weil damit sofort die Bezugspersonen der zwei Vernehmer dann auch bereits schon in der Wohnung stattfinden.
32:10Beim Einsatz mit vor Ort ist der erste Kriminalhauptkommissar Stiebitz.
32:17Er soll in der Vernehmung die Rolle des Good Guy übernehmen.
32:20Ich muss sagen, ich bin ja schon lange dabei.
32:24Zu Anfang habe ich gedacht, naja, was soll das hier bringen, Frau Rizzo?
32:29Ja, was will die dir erzählen?
32:31Nachher muss ich sagen, das war sehr wichtig, weil Frau Rizzo natürlich mit ihren Eigenschaften diesen Mann analysieren konnte.
32:39Wird die Strategie von Sabrina Rizzo aufgehen?
32:42Wird Hans-Joachim G. gestehen?
32:50Karlsruhe. Im Fall der vermissten Vietnamesin Thi Than rückt der Ehemann mehr und mehr in den Fokus der Ermittlungen.
32:58Kommissar Stark lässt ihn observieren. Die Handydaten werden überprüft.
33:02Vor allem interessiert die Ermittler, wo der Ehemann sich am Tag des Verschwindens seiner Frau aufgehalten hat.
33:07Er selbst hat uns zunächst immer in dem Glauben gelassen, er sei die ganze Zeit bei seinen Kindern in Karlsruhe-Dorlach gewesen.
33:16Und uns ist es dann gelungen, aufgrund Auswertung technischer Aufzeichnungen,
33:21dass er sicher in der Karlsruhe Innenstadt an diesem Platz war, wo die Frau ihr Geschäft hatte.
33:30Für uns war eigentlich relativ schnell klar, dass er an diesem Abend seine Ehefrau ausgespäht hatte und ihr nachspioniert hatte.
33:41Hat der Ehemann seine Frau nach dem Treffen mit ihrem Liebhaber aus Eifersucht getötet?
33:46Mittlerweile liegen auch die Ergebnisse der Untersuchung des Koffers vor, mit dem er in der Nacht des Verschwindens seiner Frau gesehen worden war.
33:53Es waren sogar noch Grasreste im unteren Bereich des Koffers und eben solche Erdschleifspuren sichtbar an den Rollen und zwischen den Rollen.
34:04In diesem Koffer hat man geringste mikroskopisch kleine Blutantragungen gefunden, konnte die sichtbar machen, konnte sie auswerten,
34:13die mit einer relativ sehr hohen Wahrscheinlichkeit der Frau zuzuordnen waren.
34:19All diese Indizien diskutiert Emil Stark mit seinen Kollegen von der Sonderkommission, die mittlerweile gegründet wurde.
34:27Die Ermittler sind der Meinung, die Indizienkette reicht aus, um bei der Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen den Ehemann zu erwirken.
34:35Trung N. bestreitet jedoch, etwas mit dem Verschwinden seiner Frau zu tun zu haben.
34:39Jetzt setzen die Ermittler alles daran, die Leiche der Vermissten zu finden.
34:44Hunderte Beamte durchforsten über Wochen die Umgebung.
34:49Wir befinden uns hier am Grötzinger Baggersee.
34:53Wir haben durch die Auswertung der Telekommunikationsdaten Hinweise erhalten,
34:58dass sich der Beschuldigte in der Nacht nach dem Tötungsdelikt in diesem Bereich aufgehalten hat.
35:03Und aus diesem Grunde haben wir hier natürlich umfangreiche Suchaktionen durchgeführt,
35:09unter anderem auch mehrere Tauchgänge mit der Wasserschutzpolizei, um nach der Leiche der Vermissten zu suchen.
35:15Doch alle Bemühungen bleiben vergebens. Bis heute fehlt von der Vermissten jegliche Spur.
35:21Ihr Ehemann wird in einem spektakulären Indizienprozess wegen Totschlags zu neun Jahren Haft verurteilt.
35:28Emil Stark und seine Kollegen konnten den Täter zur Strecke bringen.
35:32Doch ein entscheidendes Puzzleteil in dem Fall fehlt. Bis heute.
35:37Ich kann mir vorstellen, dass es für die Kinder insbesondere wirklich sehr tragisch und schlimm war und auch noch ist,
35:44nicht zu wissen, wo sich ihre Mutter, oder besser gesagt die Leiche ihrer Mutter, tatsächlich befindet.
35:50Also keinen Ort haben, an dem sie eigentlich Abschied nehmen können von ihrer Mutter.
35:54Emil Stark will die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Leiche der Vermissten eines Tages doch noch gefunden wird.
36:08Berlin-Reinickendorf. 4. März 2018.
36:12Hans-Joachim G. soll verhaftet werden.
36:15Er wird verdächtigt, die zehn Jahre alte Stefanie Drews vor 27 Jahren missbraucht und ermordet zu haben.
36:20Die Ermittler haben keine Beweise. Wenn er heute nicht gesteht, war alles umsonst.
36:28Polizei! Polizei!
36:31Die SEK-Beamten haben dann die Wohnung geöffnet und es hat ungefähr zehn Minuten gedauert.
36:37Dann kamen die Beamten runter, übergaben uns den Schlüssel und sagten zu uns, Hans-Joachim G. würde sich im Schlafzimmer befinden.
36:46Verhaltensexpertin Rizzo hat die Choreografie der Vernehmung bis ins Kleinste geplant.
36:51Nichts bleibt dem Zufall überlassen.
36:53Ja, sie hat dann schon zum Beispiel gesagt, ich sollte mich links hinsetzen, neben dem Täter, weil auf der linken Seite, kann ich mir dran, die Emotionsseite des Menschen ist.
37:04Und wenn du den also für links anredest, reagiert er emotionaler, als wenn ich mich hinstelle.
37:09Das ist auch hochinteressant.
37:12Hat ja auch funktioniert, denn er hatte dann zu mir mehr oder weniger das Vertrauen, also aufgebaut und hat sich gegenüber mir dann auch geöffnet.
37:21Wird die Methode Rizzo aufgehen? Im Schlafzimmer des Verdächtigen beginnt die Vernehmung.
37:26Hier hat mein Kollege ihn dann mit dem Tatvorwurf konfrontiert, ihn auch als Beschuldigten belehrt, ganz wichtig, also im Grunde auch seine Rechte erklärt.
37:33Ich nahm neben ihm Platz und er hat das zunächst abgestritten.
37:39Er hat gesagt, er kann sich da nicht erinnern, er wäre da nie gewesen, etc.
37:42Und ja, ich sag mal, nach kurzer Zeit hat er dann gesagt, er hat da noch ein Geheimnis.
37:50So ging's los.
37:51Und da hab ich ihn dann gefragt, was für ein Geheimnis?
37:54Hat er gesagt, er wäre mal ein Bad Berger gewesen, wäre mal so ein Kind gewesen.
37:59Und da hab ich gesagt, nee, nee, wir reden jetzt mal von Weimar.
38:02Und da fing er dann an, ja, es gab da mal eine Geschichte, 91, am Ochsenauge in Weimar, und da hat er ein Kind nach Bervéder gefragt.
38:10Und ab dem Zeitpunkt wussten wir, dass wir natürlich richtig sind bei ihm, weil er hier schon den Kontakt einräumte mit dem Kind.
38:17Also wir wussten, dass er der Täter ist.
38:19Die erste große Hürde ist genommen. Hans-Joachim G. legt ein Teilgeständnis ab.
38:24Nur den Mord will er nicht eingestehen.
38:27Ja, das ist natürlich, ich sag mal, für mich persönlich und auch für den Kollegen, der mit war, also man ist ja natürlich sehr angespannt, muss man sagen.
38:36Man weiß auch nie, wie reagiert der Mann jetzt oder der Täter.
38:40Wird er sich öffnen, wird er die Aussage verweigern?
38:44Und als er dann den Kontakt einräumte, ja, da hast du schon, es ist vielleicht, also Hochgefühl ist zu viel gesagt, aber man fühlt sich schon gut.
38:56Ich besonders wusste ja nun, dass ich nach 27 Jahren dem Menschen gegenüber sitze, den ich nie vergessen konnte.
39:04Hans-Joachim G. wird ins Landeskriminalamt 1 in die Berliner Keitstraße gebracht.
39:09Die Vernehmung wird aufgezeichnet. Aus rechtlichen Gründen sind die folgenden Aufnahmen wortgetreu nachgestellt.
39:15Was Hans-Joachim G. nicht ahnt,
39:45hinter dem Spiegel wird er beobachtet. Von Sabrina Rizzo.
39:49Sie hat ja dann auch in der Vernehmung hinter dem Venezianischen Spiegel gestanden, in der Vernehmung,
39:56und geschaut, wie gestik, wie reagiert er dann auf Fragen, was könnte jetzt eine Lüge sein, was ist die Wahrheit, ja, beispielsweise.
40:05Ja, also da ist sie Profi.
40:06Als ich zum Auto gegangen bin, hat sie bestimmt versucht aufzustehen. Sie hat es ja ein paar Mal versucht vorher, aber das hat immer nicht so geklappt.
40:19Und dann habe ich ihr die Decke gebracht. Oder so ein kurzes Handtuch, was man da so hat.
40:27Und dann habe ich das hier gegeben, auf die Schulter gelegt, damit sie nicht friert.
40:34Nach über drei Stunden ist die Vernehmung festgefahren. Immer wieder hat Verhaltensexpertin Rizzo den Ermittlern zwischendurch ihre Beobachtungen mitgeteilt.
40:41Der Tatverdächtige lügt ganz offensichtlich und weicht aus.
40:44Jetzt muss ich mir doch die Frage stellen, was kann ich jetzt tun, dass der uns ernst nimmt?
41:02Und dann sagte ich eben zu dem einen Ermittler, er sollte doch jetzt bitte mal mit der Hand auf den Oberschenkel knallen und sagen,
41:09das ist mir zu blöd, ich steige hier aus, ich lasse mich nicht länger verarschen.
41:13Das löst bei dem Gegenüber, also bei ihm jetzt speziell, nicht bei allen, aber bei ihm, Stress aus.
41:20Und Respekt. Und genau den hat er bitte zu haben.
41:27Und ja, ja, das war die Antwort. So und das, sowas können Sie nicht wissen.
41:34Ach, verdammt jetzt!
41:35Ich will doch, ich will ja.
41:37Ich bin gerade bei der Flanke.
41:38Nein, ich sage Ihnen das doch.
41:39Ich sage Ihnen wirklich die Wahrheit.
41:42Entweder war sie zu hoch an dem Geländer, dann ist sie da geliebt, wahrscheinlich.
41:48Verhaltensexpertin Rizzo behält recht.
41:50Kurz darauf legt Hans-Joachim G. ein finales Geständnis ab.
41:55Ich habe da hier Wort, dass Sie hier die Wahrheit sagen.
41:57Und dass Sie uns heute erzählen, dass Sie...
42:00Das habe ich auch.
42:01Lassen Sie mich ausreden, dass Sie Stefanie von der Brücke gestoßen haben.
42:04Und ist das die Wahrheit?
42:06Doch.
42:06Und das stimmt.
42:08Ja.
42:08Und dann kam nur eine WhatsApp und da stand drauf gestanden.
42:13Also das war für uns, also ohne das irgendwo zu sagen, ich habe mich mit meiner Kollegin in den Arm gelegen und haben gesagt, ja, wir sind auf der richtigen Spur gewesen.
42:23Diese Ermittlungen, die wir jetzt ein Jahr geführt haben, haben, wir haben einen Mord geklärt, einen Kindermord geklärt.
42:31Ja, das war, das war, das war so wichtig.
42:34Also das war, also dieses eine Wort war so prägend, heute noch.
42:40Wenn ich daran denke, wenn ich da dran denke, kriege ich Gänsehaut.
42:42Während Hans-Joachim G.
42:43Während Hans-Joachim G. dem Haftrichter vorgeführt wird, erledigen die Ermittler der Soko-Altfälle jetzt noch eine weitere wichtige Aufgabe.
42:52Die Mutter von Stefanie Drews wird informiert.
42:55Die Frau hat einmal sehr erleichtert reagiert, erleichtert in der Hinsicht, dass sie jetzt Gewissheit hat, dass wir den Täter ermittelt haben.
43:08Und einmal erleichtert reagiert hat sie, dass der Mörder ihrer Tochter gefasst worden ist.
43:182018 wird der Fall vor dem Landgericht in Gera verhandelt.
43:22Das Gericht berücksichtigt bei seinem Urteil das Alter des Täters und seine vorausgegangenen Haftstrafen.
43:29Hans-Joachim G. wird wegen Mordes zu zwölf Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Er nimmt das Urteil emotionslos auf.
43:38Stefanie Drews wäre heute 43 Jahre alt.
43:43Die Arbeit der Soko-Altfälle kann ihr das verlorene Leben nicht wiedergeben.
43:48Aber die großartige Leistung der Ermittler aus Thüringen zeigt, dass es nie zu spät ist für Gerechtigkeit.
43:54Untertitelung des ZDF für funk, 2017
43:57Untertitelung des ZDF für funk, 2017