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Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird nach der Nationalratswahl vorerst keiner Partei einen Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Das machte er am Mittwoch in einem Statement in der Präsidentschaftskanzlei klar, nachdem er tags zuvor den Gesprächsreigen mit den Parteispitzen von FPÖ, ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen abgeschlossen hatte.
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Transkript
00:00Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle, die hier leben, vor eineinhalb Wochen
00:22habe ich Ihnen versprochen, Sie laufend über den Stand der Dinge nach der Wahl zu informieren
00:29und das möchte ich heute wieder tun. Ich habe die Zeit seit der Wahl genutzt, um Gespräche
00:37mit den Vorsitzenden aller Parlamentsparteien zu führen und mir einen Eindruck von den
00:43jeweiligen Positionen zu verschaffen und um ein klares Bild über die mögliche konstruktive
00:52Zusammenarbeit in einer künftigen Koalition zu entwickeln.
00:56Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, muss eine Partei, die regieren will, die 50% Hürde
01:05überspringen und wie das vorläufige amtliche Endergebnis zeigt, hat keine Partei alleine
01:12die erforderliche Mehrheit erreicht. Die stimmenstärkste Partei, die FPÖ, hat 28,8% erzielt, die ÖVP
01:2226,3%, die drittstärkste, die SPÖ, 21,1%, die viertstärkste, die NEOS, 9,1% und die
01:33fünftstärkste, die Grünen, 8,2%. Das heißt also, jede Partei muss einen Partner oder
01:44mehrere Partner finden, um eine Regierung bilden zu können. Es braucht mindestens zwei
01:52der drei größeren Parteien für eine künftige Zusammenarbeit. Dieser Punkt ist wichtig.
01:58Es braucht mindestens zwei der drei größeren Parteien für eine künftige Zusammenarbeit.
02:05Bisher war es nach Wahlen üblich, dass der Bundespräsident den Vorsitzenden, die Vorsitzende,
02:12der jeweils stimmenstärkste Partei mit der Führung von inhaltlichen Gesprächen beauftragt
02:17hat. Und das erscheint auf den ersten Blick auch durchaus sinnvoll. Aber diesmal, diesmal
02:26ist ein unüblicher Fall eingetreten. Es ist vollkommen neu, dass es einen Wahlsieger gibt,
02:33mit dem offenbar keine der anderen Parteien regieren will. Die ÖVP schließt eine Zusammenarbeit
02:41mit einer FPÖ unter Herbert Kickl aus. Und SPÖ, NEOS und Grüne wollen mit der FPÖ grundsätzlich
02:50nicht regieren. Alle Genannten haben diesbezüglich öffentliche und explizite Aussagen gemacht.
02:58Meine Gespräche gestern und vorgestern haben diesen Eindruck nochmals verstärkt. Herbert Kickl
03:08wiederum hat mir am vorigen Freitag aus erster Hand versichert, dass es die FPÖ in einer Regierung
03:16nur mit ihm als Bundeskanzler gäbe. Meine Damen und Herren, eine klassische Paz-Situation.
03:26Das führt mich, das führt uns alle unweigerlich zur Frage, wie kommen wir aus dieser Paz-Situation
03:32heraus? Auf der einen Seite die FPÖ als Wahlsieger und ihr Vorsitzender, der den Anspruch auf die
03:39Kanzlerschaft erhebt. Auf der anderen Seite niemand, der ihm ausreichend vertraut, um eine Koalition zu
03:48bilden. Mit wem sollte er dann sondieren, geschweige denn verhandeln? Also liebe Österreicherinnen und
03:58Österreicher, wie gesagt, bisher war es üblich den Wahlsieger mit der Führung von inhaltlichen Gesprächen
04:06zu beauftragen. Aber wie Sie sehen, die Lage ist diesmal alles andere als üblich und der Respekt vor Ihnen,
04:16den Wählerinnen und Wählern aller Parteien, gebietet, dass wir hier sicher gehen müssen. Meinen alle
04:24Beteiligten wirklich ernst, was sie gesagt haben. Ich weiß, davon ist eigentlich auszugehen, natürlich,
04:32aber ich will Klarheit. Klarheit für Österreich. Ich bitte daher die Vorsitzenden der drei stimmenstärksten
04:42Parteien, Herbert Kickl, Karl Nehammer, Andreas Babler, Gespräche miteinander auf Parteichefebene zu führen und
04:56verlässlich zu klären, ob und welche wechselseitige Zusammenarbeit grundsätzlich vorstellbar ist oder wäre.
05:06Und ich werde die drei Vorsitzenden Ende nächster Woche einladen, um vom Ergebnis zu berichten.
05:14Ja, das ist neu in der Vorgangsweise, aber notwendig, um aus der Paz-Situation herauszukommen.
05:22Und zwar ohne wertvolle Zeit zu verlieren. Wir brauchen Klarheit und wenn wir etwas nicht brauchen, dann sind das
05:32leere Kilometer. Sogenannte Sondierungsgespräche, die von vornherein und mit Ansage zum Scheitern verurteilt sind,
05:41das bringt Österreich nicht weiter. Die anzugehenden Probleme sind zu groß und zu dringlich. Wir werden Lösungen brauchen
05:51für unser Land, auch neue Lösungen. Und wenn dazu diese neue Art des Gesprächs nötig ist, dann ist die Zeit gut investiert.
06:04Meine Damen und Herren, ich werde Sie wie immer umgehend und verlässlich informieren, sobald es eine Neuigkeit zu berichten gibt.
06:13Und ich danke Ihnen für heute, für Ihre Zeit und für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

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