Bei der ersten Runde der Parlamentswahl in Frankreich sind die Rechtspopulisten stärkste Kraft geworden. Wie es mit Frankreich weitergehen wird, steht indes erst nach dem zweiten Durchgang am kommenden Sonntag fest. Verschiedene Szenarien sind möglich.
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00:00Die extreme Rechte ist an der Schwelle der Macht.
00:04Mit diesen dramatischen Worten kommentiert Frankreichs Premierminister Gabriel Attal
00:10den Erfolg der Partei Rassemblement National, kurzer RN, bei der ersten Runde der Parlamentswahl.
00:17Doch auch wenn die Rechtspopulisten jetzt auf ein Drittel der Stimmen gekommen sind,
00:21wie es mit Frankreich weitergehen wird, steht erst nach dem zweiten Durchgang am kommenden
00:26Sonntag fest.
00:28Verschiedene Szenarien sind möglich.
00:30RN-Parteichef Jordan Badella hat bereits Anspruch auf das Amt des Premierministers
00:41erhoben, will es aber nur übernehmen, wenn er auf eine absolute Mehrheit kommt.
00:46Sollte dies der Fall sein, könnte Staatspräsident Emmanuel Macron gezwungen sein, ihn tatsächlich
00:51zu ernennen.
00:53Damit würde Frankreich abermals eine sogenannte Cohabitation erleben, in der Präsident und
00:59Premierminister aus unterschiedlichen Lagern kommen.
01:02Angesichts des ideologischen Abstands könnte sie sich dieses Mal indes als äußerst schwierig
01:08erweisen.
01:09Die neue Volksfront aus Linkspopulisten, Sozialisten, Kommunisten und Grünen konnte sich überraschend
01:19schnell auf ein gemeinsames Programm und gemeinsame Kandidaten einigen und gewann so
01:24etwa 28 Prozent der Stimmen.
01:27Diese Einigung machte Macrons Pläne zunichte, dass seine eigenen Kandidaten aus der politischen
01:33Mitte in der zweiten Runde gegen rechtspopulistische Kandidaten antreten und gewinnen würden.
01:38Das Regierungsprogramm der Volksfront sieht Steuererhöhungen, gedeckelte Preise und die
01:45Rücknahme der Rentenreform vor.
01:47Auch die Kohabitation mit der Volksfront wäre für Macron also nicht einfach.
01:52Wenn weder die Rechtspopulisten noch die Volksfront eine Mehrheit erreichen, könnte Macron versuchen,
02:02noch eine Weile an der amtierenden Regierung festzuhalten.
02:06Der Rücktritt der Regierung wird nach einer Neuwahl zwar erwartet, ist aber nicht vorgeschrieben.
02:12Macron könnte auch eine Regierungsmannschaft aus parteilosen Technokraten ernennen, was
02:17für Frankreich politisches Neuland wäre.
02:20Der Präsident könnte dann versuchen, mit wechselnden Partnern Mehrheiten für einzelne
02:25Vorhaben zu erreichen.
02:31Macron ist von der Parlamentswahl nicht betroffen, er ist bis 2027 gewählt und hat mehrfach betont,
02:38dass er nicht an einen Rücktritt denkt.
02:41Die frühere RN-Parteichefin Marine Le Pen, die ihn beerben will, bringt die Möglichkeit
02:47seines Rücktritts jedoch hartnäckig immer wieder ins Gespräch.
02:50Macron darf bei der nächsten Präsidentschaftswahl nicht wieder antreten, er hat es aber bislang
02:56vermieden, einen möglichen Nachfolger aufzubauen.
02:59Tatsächlich wäre vermutlich niemand so gut vorbereitet wie Le Pen, die bereits drei Präsidentschaftswahlkämpfe
03:06hinter sich hat.
03:07Bei der letzten Wahl im Jahr 2022 war sie Macron schon zum zweiten Mal unterlegen.