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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Streit um die Wirtschafts- und Haushaltspolitik entlassen und stellt im Januar die Vertrauensfrage. In einer Erklärung begründete Scholz dies umfassend - den bisherigen Koalitionspartner FDP und insbesondere Lindner überzog der Kanzler dabei mit teils harscher Kritik.
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Transkript
00:00Meine Damen und Herren, ich habe den Bundespräsidenten soeben um die
00:05Entlassung des Bundesministers der Finanzen gebeten.
00:07Ich sehe mich zu diesem Schritt gezwungen, um Schaden von unserem Land
00:11abzuwenden. Wir brauchen eine handlungsfähige
00:15Regierung, die die Kraft hat, die nötigen Entscheidungen für unser Land zu treffen.
00:19Darum ging es mir in den vergangenen drei Jahren.
00:22Darum geht es mir jetzt. Ich habe dem Koalitionspartner von der FDP heute
00:27Mittag noch einmal ein umfassendes Angebot vorgelegt, mit dem wir die Lücke
00:32im Bundeshaushalt schließen können, ohne unser Land ins Chaos zu stürzen.
00:36Ein Angebot zur Stärkung Deutschlands in schwieriger Zeit. Ein Angebot, das auch
00:42Vorschläge der FDP aufgreift. Das aber zugleich deutlich macht, angesichts der
00:47Herausforderungen, vor denen wir gemeinsam stehen, brauchen wir größeren
00:52finanziellen Spielraum. Mein Angebot umfasste vier Kernpunkte.
00:58Erstens. Wir sorgen für bezahlbare Energiekosten und deckeln die
01:02Netzentgelte für unsere Unternehmen. Das stärkt den Wirtschaftsstandort
01:06Deutschland. Zweitens. Wir schnüren ein Paket, das Arbeitsplätze in der
01:12Automobilindustrie und bei den vielen Zuliefererbetrieben sichert.
01:16Drittens. Wir führen eine Investitionsprämie ein und verbessern
01:21noch einmal die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten, damit
01:24Unternehmen jetzt in den Standort Deutschland investieren. Und viertens.
01:29Wir erhöhen unsere Unterstützung für die Ukraine, die einem schweren Winter
01:34entgegengeht. Nach der Wahl in den USA sendet das ein ganz wichtiges Signal. Auf
01:40uns ist Verlass. Ich muss jedoch abermals feststellen,
01:44der Bundesfinanzminister zeigt keinerlei Bereitschaft, dieses Angebot zum Wohle
01:50unseres Landes in der Bundesregierung umzusetzen.
01:53Ein solches Verhalten will ich unserem Land nicht länger zumuten.
01:58Wer sich in einer solchen Lage einer Lösung ein Kompromissangebot verweigert,
02:03der handelt verantwortungslos. Als Bundeskanzler kann ich das nicht dulden.
02:09Immer wieder habe ich in den vergangenen drei Jahren Vorschläge gemacht, wie eine
02:14Koalition aus drei unterschiedlichen Parteien zu guten Kompromissen kommen
02:18kann. Das war oft schwer. Das ging mitunter hart an die Grenze auch
02:25meiner politischen Überzeugung. Aber es ist meine Pflicht als Bundeskanzler, auf
02:30pragmatische Lösungen zum Wohle des ganzen Landes zu drängen.
02:34Zu oft wurden die nötigen Kompromisse übertönt durch öffentlich inszenierten
02:40Streit und laute ideologische Forderungen. Zu oft hat Bundesminister Lindner
02:45Gesetze sachfremd blockiert. Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert.
02:52Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen. Sogar die Einigung auf den Haushalt hat
02:58er einseitig wieder aufgekündigt, nachdem wir uns in langen Verhandlungen
03:01bereits darauf verständigt hatten. Es gibt keine Vertrauensbasis für die
03:06weitere Zusammenarbeit. So ist ernsthafte Regierungsarbeit nicht
03:11möglich. Wer in eine Regierung eintritt, der muss seriös und verantwortungsvoll
03:16handeln. Der darf sich nicht in die Büsche schlagen, wenn es schwierig wird.
03:21Der muss zu Kompromissen im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger bereit sein.
03:25Darum aber geht es Christian Lindner gerade nicht. Ihm geht es um die eigene
03:31Klientel. Ihm geht es um das kurzfristige Überleben der eigenen Partei.
03:36Gerade heute, einen Tag nach einem so wichtigen Ereignis wie den Wahlen in
03:42Amerika, ist solcher Egoismus vollkommen unverständlich.

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