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00:00:00Die Bewohner der Insel haben ihrem Odysseus ein Denkmal aufgestellt. Nach den Erzählungen
00:00:06Hormäers war er weise, über den Dingen stehend, mit Fingerspitzengefühl oder eher pfiffig
00:00:17und schlau, kritisch, voller Humor. Ja, und so schaut denn der steinerne Held auf seine
00:00:29Nachkommen herunter. Seine Nachkommen, hinter denen wir unseren Helden suchten. Wie war
00:00:39das doch? Fromm war er. Berät war er. Ein Seemann war er. Gehinkt soll er haben, aber
00:00:55vielleicht sieht man es seinem Urenkel gar nicht an, dass in ihm etwas von Odysseus steckt. Und
00:01:01sei es die geringste Spur in der Figur, in der Kontur. Der Held Odysseus in Person, nun umrisshaft
00:01:07erscheint er schon. Odysseus ohne Drum und Dran, doch wie man deutlich sieht, ein Mann. Geduld,
00:01:12er trug nips Bart und Löckchen, bisweilen auch ein Miniröckchen und eines Dola, mit Meander,
00:01:17das sähe sehr griechisch aus, so fand er. Und Grieche stand hier auch im Pass. Berufsstand,
00:01:23König Ithakas. Geburtsort in dem gleichen Lande. Und wann? So 1300, ante. Die Eltern? Nun,
00:01:31da stand verkehrtes. Als Vater trug man ein Laertes, obgleich die Mutter Antiklaia mit
00:01:36Sisyphos war in der Haia. Ihr Vater war Autolikos und dieser des Gott Hermes spross. Man sieht,
00:01:47des Stammbaums Wurzeltriebe, die reichten bis zum Gott der Diebe. Und die zwei anderen,
00:01:52die genannt, waren auch als Gauner weltbekannt. Doch floß bei ihm durch jede Ader das Gaunerblut
00:01:58vom Stammesvater. So lehrte ihn doch auch Laertes viel Nützliches und Höchstbewährtes. Der war
00:02:05in seinen Jugendjahren einst auf der Argo mitgefahren, als dazu mal die Argonauten das
00:02:10goldene Vlies zu Colchis klauten. Von jener Fahrt zum Schwarzen Meer, da hatte es Laertes her,
00:02:19das Wissen, wie man segelte, den Kurs am Ruder regelte. Und all dies lehrte er den Sohn. So
00:02:27wußte denn Odysseus schon von Nautik wohl das Allermeiste, als er per Schiff auf Brautschau
00:02:35reiste. Erst warb er um die Helena, die schönste Frau, die man je sah. Kein Wunder, dass er Feuer
00:02:43fing. Doch seine Chance war gering. Es warben ja um deren Hand die Fürsten von ganz Griechenland.
00:02:50Es war abzusehen. Wer sie auch freit, der kriegt mit allen anderen Streit. Drum riet Odysseus,
00:02:57lasst uns schwören, wenn wir auch bei der Wahl verlören, wollen wir doch sorgen,
00:03:02dass der Ehe des Auserwählten nichts geschehe. Man schwors und mied so jedes Chaos. Zum Gatten
00:03:10nahm sie Menelaus und seine Ehe ward geheiligt von allen, die am Fest beteiligt. Odysseus aber
00:03:18galt fortan als kluger Kopf mit Schlitzohren dran. Dem Pflegevater Helenas, Tyndarius,
00:03:26imponierte das und bot Penelope, die Nichte, dem Helden unserer Geschichte. Der nahm sie gern als
00:03:34Ehegenoss, doch ungern gab Icarius, der Vater, seine liebste Tochter, denn gerade diese eine
00:03:41mochte. Odysseus und Penelope, die wollten schon zu Schiff auf See. Da rief der Vater, komm von
00:03:48Deck, lauf nicht mit diesem Spitzbub weg. Odysseus sprach, entschließe dich. Da ist der Vater, da bin
00:03:56ich. Wie sollt Penelope entscheiden? Wie Töchter wohl zu allen Zeiten? So sprach sie denn, lebt wohl,
00:04:04Papa, und segelte nach Ithaka. Und bald darauf folgt etwas nach, ein Söhnchen namens Telemach.
00:04:15Froh danken beide dem Geschick, noch trübt nichts das Familienglück. Doch ach, vielleicht, in des
00:04:24wir hoffen, hat Paris schon die Wahl getroffen. Vielleicht schon naht sich die Misere mit Palamedes
00:04:30auf der Fähre. Doch wir verstehen das noch nicht und schauen mit fröhlichem Gesicht gleich unserem
00:04:36Pärchen, wohl geneigt, was weiter sich dem Auge zeigt. Aber kehren wir zurück in die Gegenwart.
00:04:43Der Palast des Odysseus ist zerfallen. Ein Schiff läuft ein in Ithaka und bringt drei Fürsten. Dieser
00:04:52da, der Palamedes, blickt von Bord und sucht den Keh ab. Wer steht dort? Der Held Odysseus. Held?
00:05:00Von wegen. Ein Blödmann scheint noch klug dagegen. Was wollen die königlichen Boten denn wohl von
00:05:05diesem Vollidioten? Man glaubt es kaum, sie wollen den Deppen mit in den Krieg Gentroia schleppen.
00:05:11Wie aber kam's zu Krieg und Streit? Geduld, wir wechseln Ort und Zeit und geben Antwort auf die
00:05:18Frage. Olymp. Die Götter beim Gelage. Und mitten in dem Freudenmal kam Zwietracht in den Speisesaal.
00:05:29Geworfen ward die goldene Frucht von Göttin Streit aus Eifersucht. Als Aufschrift stand noch rund um
00:05:37dran, der schönsten Frau. Und so fing's an. Die Aphrodite, die Athene und Hera machten eine Szene
00:05:47und jede rief, das Ding ist mein, nein, schöner als ich, kann nichts sein. Befragt, sprach Zeus,
00:05:55ich halt mich draus, tragt euren Krach woanders aus. Nun hat sich nahebei ein Hirt mit seiner Herde
00:06:03hin verirrt. Der Bursch hieß Paris und war Spross des Trojakönigs Priamos. Zu diesem kamen auf die
00:06:10Weide die Damen mit dem Wunsch, entscheide. Psst, bläst ihm Hera sanft ins Ohr, ziehst du mich jetzt
00:06:16den anderen vor, mach ich dich mächtig und gehaben. Auch Aphrodite lockt mit Gaben. Du kriegst die
00:06:24schönste Frau der Erde, wenn ich Miss Universum werde. Und selbst Athene flüstert leise, gewinn ich,
00:06:32wirst du klug und weise. Nun, Paris stand in Jünglingsblüte. Den Preis erhielt die Aphrodite
00:06:42und er die schönste Frau der Welt. Nur, leider war die schon vermählt. Trotzdem führt er die Helena,
00:06:52und um die Dame ging es ja, nach Troja heim zu seinen Leuten. Und solches konnt nur Krieg bedeuten.
00:06:59Wer dächte nicht noch ans Versprechen, jedweden Ehebruch zu rächen? Dies schworen ja die edlen Freier
00:07:06bei Menelaos Hochzeitsfeier. Und auch Odysseus war im Eid. Doch andererseits war prophezeit, er käme,
00:07:14wird er gen Troja fahren, nach Hause erst nach zwanzig Jahren. Drum drückt er sich vorm Aufgebot und tut,
00:07:22als sei er ein Idiot. Setzt auf den Kopf den Narrenhut, sät Salz am Strand kurz vor der Flut, nimmt Ochs und
00:07:29Esel sich als Zug, erspannt sie närrisch vor den Pflug. Und als er Furchen zieht im Sand, schreit Palamedes
00:07:38Simulant. Er schleppt den Telemacher ran und legt ihn listig vors Gespann. Denn wenn Odysseus diesen tötet,
00:07:46dann ist er wirklich ganz verblödet. Was blieb dem armen Vater schon? Er stoppt und rettet seinen Sohn.
00:07:53Sagt diesem und Penelope zwecks Krieg für längere Zeit Ade. Komm bald, ruft sie. Und er lacht, oh ja.
00:08:03Drauf schiffte unser Held nach Troja.
00:08:07Hey, du! Hey, du! Das war Antonio, dem wir einen Mädchenrock übergezogen haben. Aber so leicht hat es Achille
00:08:23dem Odysseus nicht gemacht. Man glaubt es kaum, doch diese Dame, die ist ein Mann. Achille der Name.
00:08:33Den hat die Mutter voller Sorgen in dieser Mädchenschar verborgen, damit ihn keiner finden sollte, der ihn
00:08:39Gentroja holen wollte. Er fände, vageweis sagt worden, den Tod in diesem Völkermorden. Doch andererseits
00:08:47gäb's in dem Krieg wohl ohne ihn auch keinen Sieg. Odysseus, der nach Hause will, verspricht, ich find euch den Achille.
00:08:58Er bietet dort der Mädchenschar die köstlichsten Geschenke dar. Geschmeide, Puder, Nagellack, kurz Kram nach
00:09:06weiblichem Geschmack. Doch schiebt er unter all den Plunder auch noch ein kleines Schwert darunter.
00:09:12Und plötzlich ruft er Überfall. Die Mädchen fliehen nach überall. Allein Achille greift nach dem Eisen.
00:09:20Was wollte Odysseus mehr beweisen? Und also zieht er mit Achille in einen Krieg, den keiner will.
00:09:28Zehn Jahre sollte das Schlachten dauern und mancher fiel vor Trojas Mauern. So auch Achille.
00:09:35Doch hielt die Stadt. Da hatte es Odysseus satt. Er baute das Trojansche Pferd. In dessen Bauch mit Schild und
00:09:44Schwert, bequem wie mit der Linie Sieben, ließ man sich in die Festung schieben. Von wem? Vom Feind, der angenommen,
00:09:53er habe schon den Krieg gewonnen. Da krochen nachts die Helden vor und öffneten dem Heer das Tor.
00:10:04Herein brach da die Meute. Macht nieder und macht Beute. Denn wer will schon mit leeren Händen solch einen blöden Krieg beenden?
00:10:21Odysseus erhielt immerhin nebst Waffen Trojas Königin, die 80-jährige Hekuba. Wie freute sich der Recke da.
00:10:29Und weil die Winde nordwärts pfiffen, fuhr er mit seinem Dutzend Schiffen nach Ismaros zu den Kikonen, um sich dort droben zu entlohnen.
00:10:38Die Hekuba, die ließ man frei, denn diese störte nur dabei.
00:10:44Der Wind blies sanft von Süden her und trieb die Schiffe übers Meer hinauf in nördlichere Zonen, dorthin, wo die Kikonen wohnen.
00:11:05Da sei noch manches zu erbeuten, versprach Odysseus seinen Leuten. So ging man denn gespannt an Land und teilte alles, was man fand.
00:11:16Teilt Männer durch des Schwertes Hiebe, teilt Frauen unter sich in Liebe, teilt, so wie es dem Brauch entspricht, den Rest in brauchbar oder nicht.
00:11:29Und ungeteilt blieb ganz allein die Freude am Kikonenwein. Es säuft, beglückt die wackere Mannschaft, was immer man davon heranschafft.
00:11:39Wir sehen, man schwelgt bereits in Wonnen, obgleich das Fest ja erst begonnen.
00:11:44Indessen hatte unser Held ein Wild besonderer Art gestellt, den Maron, Priester des Apoll.
00:11:52Jedoch war jener ahnungsvoll geflohen in seines Gottesheim mit allem Hab und Gut das Sein.
00:11:59Odysseus, der den heilgen Ort nicht schenden will durch Raub und Mord, ruft edel und ergeben, ich schenke dir das Leben.
00:12:09Und weil dem Maron offenbar ein Stein vom Herz gefallen war, drückt dankbar er Odysseus Hände und schenkt ihm sieben Goldtalente.
00:12:21Das heißt, das Gold wog ungefähr vier Zentner, wenn nicht gar noch mehr.
00:12:25Dazu zwölf Krüge jenes Weins, den man erst zwanzigfach zu eins verdünnt, das heißt mit Wasser mischt, bevor man ihn dem Gast auftischt.
00:12:35Und Silber gab es obendrein. Odysseus konnte zufrieden sein.
00:12:40Und auch der Maron war zufrieden, dieweil er nicht dahingeschieden.
00:12:45Froh steht er da im Popenrock, wenngleich mit leerem Opferstock.
00:12:49Man sieht, dass sich's zuweilen lohnt, wenn man das Leben anderer schont.
00:12:56Besonderlich eindrucksvoll scheinen wir nicht gewesen zu sein.
00:13:06Nun aber hatten die Kikonen Verwandte, die landeinwärts wohnen, und diese wollten das Verbrechen an ihren Vätern bluten.
00:13:14Odysseus mahnt, sich zu beeilen. Die Kruhe jedoch ist fürs Verweilen und will am Strand noch etwas ludern, anstatt zu segeln oder rudern.
00:13:24Der Feind, zu Fuß und teils im Wagen, kam, um die Griechen totzuschlagen.
00:13:30Klar, die waren nicht davon erbaut und wehrten sich und ihrer Haut.
00:13:34Doch weil sich's nach so einem Fest mit den Kikonen zu wehren, kam Odysseus zu ihnen.
00:13:39Die waren nicht davon erbaut und wehrten sich und ihrer Haut.
00:13:42Doch weil sich's nach so einem Fest mit schwerem Kopf schlecht kämpfen lässt, deshalb verloren sie die Schlacht.
00:13:49Kurz nach zwei Tagen, einer Nacht, waren 72 Griechen tot.
00:13:54Das hieß sechs Mann von jedem Boot.
00:13:57Man rief noch dreimal ihre Namen, und als sie immer noch nicht kamen, da fuhr Odysseus samt den Mannen so rasch erkonnt per Schiff von Dannen.
00:14:06Gottlob, der Wind hat sich gedreht, indem er nunmehr südwärts weht.
00:14:11So ging's in Richtung Ithaka.
00:14:14Die Toten aber ließ man da zu Boden hingesunken, als wären sie betrunken.
00:14:20Ja, Frauen und Wein als Beute, die bringen selten Freude.
00:14:31Aber genug der Postkartenbilder.
00:14:34So ließ es sich zwar auch ein Film gestalten, aber wenn Trick, dann schon lieber so.
00:14:47Von Ismaros her trieb es Weiland Odysseus auch nach Delos Island.
00:14:53Dort stand ein ganzes Tempelstädtchen und Palmen so schön schlank wie Mädchen.
00:14:58Das Inselchen war seinerzeit als Wallfahrtsort Apoll geweiht.
00:15:03Man legte mit den Schiffen an, nachdem die Segel ein Orkan gleich drei- und vierfach hat zerfetzt.
00:15:09Und deshalb dankt der Fromme jetzt dem Gott für Rettung aus Gefahr.
00:15:14Dann bringt er ihm noch Opfer da, auf das der Gott der Kunst, Apoll, den Groll der Winde dämpfen soll.
00:15:22Nun macht die Kunst ja oftmals Wind um das, was ihre Werke sind.
00:15:25Doch das Ressort Wind für die Flotte oblag ganz einem anderen Gotte.
00:15:30Und der, kaum fuhren sie wieder fort, schickt einen Sturm, und zwar von Nord.
00:15:37So heftig, dass die Schiffe drunten, statt Kap Malea zu umrunden und heimzukehren zu ihren Lieben,
00:15:43aufs Meer hinaus nach Süden trieben.
00:15:46Sie trieben Tage, trieben Nächte.
00:15:49Doch nicht genug, es trieben Mächte mit ihnen Spuk zu Angst und Schrecken.
00:15:52Gespenster waren an allen Ecken.
00:15:56Der kleinste Fisch, die schlappste Qualle, zu Ungeheuern wurden alle.
00:16:04Und selbst der Sterne Tierkreiszeichen am Himmel ließen sie erbleichen.
00:16:10Da sah man sie in Ungewittern auf ihren Ruderbänken zittern,
00:16:15sah gar die Steuerleute schlottern und hörte sie Kommandos stottern.
00:16:19Kurz, alles lag im Ungewissen, und jeder fühlte sich zerrissen von Zweifeln,
00:16:25ob man auf die Weise je heimkehrt von der großen Reise.
00:16:30Und selbst Odysseus bangt.
00:16:33Allein, er trägt trotzdem ins Logbuch ein,
00:16:36man sollte nie beim Opferspenden sich an die falschen Götter wenden.
00:16:41Strich, Strich, Komma, Strich, fertig ist das Mondgesicht.
00:16:46Nein, Winkel und Koordinaten.
00:16:49Hier ist unser Standpunkt, hoffentlich.
00:16:53Toni zeichnet auch, ohne Zahlen und Winkelgrade, viel schöner.
00:16:58Er zeichnet unser Ziel, das Land der Lotusesser.
00:17:03An einer Insel Afrikas, fern den Gestaden Ithakas,
00:17:08zog man die Schiffe auf den Strand.
00:17:11Das Land ringsum war unbekannt.
00:17:14War's Neugier, war's Entdeckerfreude, sei's nicht,
00:17:17war's ein Wunderschönes Land.
00:17:20Das Land der Lotusesser.
00:17:23Das Land der Lotusesser.
00:17:26Das Land der Lotusesser.
00:17:28Das Land ringsum war unbekannt.
00:17:31War's Neugier, war's Entdeckerfreude, sei's drum,
00:17:34Odysseus griff drei Leute und sprach zu ihnen,
00:17:37Spähtrupp bilden, bewaffnet euch mit Schwert und Schilden
00:17:40und schleicht ins Innere des Landes.
00:17:43Vielleicht gibt's dort was Interessantes.
00:17:46Prompt setzten sich die drei in Trab und stellten fest, es gab.
00:17:50Es gab.
00:17:53Denn nah dem Strande, wo sie lagen, da lagen sie, die Lothophagen.
00:17:56Es waren Männer sowie Frauen, die gar nichts taten, außer kauen.
00:18:01Und zwar des Lothors Honigblüte.
00:18:04Und dies mit friedlichstem Gemüte.
00:18:07Als nun die Griechen mit Krawall das Schwert gezückt schrien,
00:18:10Überfall, da schauten die verzückt und heiter
00:18:13und kauten ihren Lothors weiter.
00:18:17Ein Kind nur bot für Schwert und Lanzen als Spielzeug jene Lothorspflanzen,
00:18:22worauf die drei die Waffen tauschten
00:18:24und sich mit Wonne auch berauschten.
00:18:27Denn diese Blüten wirkten wohl wie Haschisch oder Alkohol.
00:18:31Sie schwebten hoch in Seligkeit, vergaßen um sich Raum und Zeit,
00:18:36vergaßen sogar Ithaka und lallten nur, wir bleiben da.
00:18:45Odysseus, der sie schließlich fand, sah gleich, wie's um die Burschen stand.
00:18:50Kommt mit, schrie er, wir wollen weg.
00:18:52Doch rührten die sich nicht vom Fleck.
00:18:57Drauf nickte der nur, geisteskrank, und band sie an die Ruderbank.
00:19:02Man glaubt es kaum, doch so kam's zur Entdeckung der Entziehungskur
00:19:07samt der Bewegungstherapie, denn rudern, rudern mussten die.
00:19:12Und wieder fuhr man kreuz und quer nach Norden übers Mittelmeer.
00:19:17Odysseus aber, kaum an Bord, schrieb drauf ins Logbuch,
00:19:20weiß das Wort, gar mancher hat bei Suff und Fressen
00:19:24auf Weib und Kind daheim vergessen.
00:19:27Doch selten waren drei so high wie nach der Lotusfresserei.
00:19:42Wer bleibt vor einer Höhle stehen, statt reinzugehen und nachzusehen,
00:19:47wer oder was da wohl mag hausen?
00:19:50Odysseus blieb gewiss nicht draußen.
00:19:54Was fand er vor?
00:19:56Da gab's Gefäße und Berge Schafs- und Ziegenkäse.
00:20:00Schon Umfang und Gewicht von diesen ließ leicht auf einen Riesen schließen.
00:20:05Odysseus stellte sofort fest, dies hier ist ein Kyklopennest,
00:20:10denn solche gibt's da allgemein.
00:20:13Und schon kam ein Kyklop herein.
00:20:16Zunächst versperrt das Ungeheuer den Höhleneingang
00:20:20und macht Feuer, um dann, beim Licht versteckt in Ecken,
00:20:25die Eindringlinge zu entdecken.
00:20:28Da gab es keinen, dem nicht graute, allein schon wie das Monster schaute.
00:20:33Es haben nämlich die Kyklopen ein Aug nur in der Mitte, oben.
00:20:37Und dieses glotzte nun verdrossen auf den Odysseus samt Genossen.
00:20:42Und mit ihm glotzte wohl ein Schock an Ziegen, Schafen und ein Bock.
00:20:51Da trat Odysseus ihm zu Füßen und fragte, wen darf man begrüßen?
00:20:58Den Sohn Poseidons, Polyphem.
00:21:01Drauf sprach Odysseus, angenehm.
00:21:05Und wir sind Griechen, wollen nach Hause.
00:21:08Wir suchten Schutz in deiner Klause.
00:21:10Das Schiff, auf dem wir sonst verweilen,
00:21:12log er zerbarst zu Einzelteilen.
00:21:15Wir sind gewiß, der Hausherr achtet das Gastrecht,
00:21:18wo's doch rings schon nachtet.
00:21:20Lass uns den Abend mit dir zechen.
00:21:24Da hob der Unhold anzusprechen.
00:21:28Du Narr, kennst uns Kyklopen schlecht.
00:21:32Uns schert nicht Gast noch anderes Recht.
00:21:35Doch mit euch fressen, warum nicht?
00:21:38Und während er noch solches spricht,
00:21:40packt er zwei Mann mit beiden Pfoten.
00:21:44Schlägt deren Köpfe auf den Boden
00:21:47und frisst sie auf in einem Nu
00:21:50und trinkt noch Buttermilch dazu.
00:21:52Man ahnt, dies macht den Männern Sorgen.
00:21:56Zwei fraß er noch am nächsten Morgen.
00:21:59Und als darauf der Mordskoloss mit einem Stein
00:22:02die Gruft verschloss und seine Herde trieb aufs Feld,
00:22:06da sprach Odysseus, unser Held,
00:22:09den Felsen wälzen wir wohl kaum.
00:22:13Doch seht hier, den Olivenbaum.
00:22:18Damit lasst den Kannibalen den fiesen Mord mit Qualen zahlen
00:22:23und wir entrinnen seinem Bauch.
00:22:27Der Abend kam, der Riese auch.
00:22:33Er trieb das Vieh ein, wälzte dann den Stein vor
00:22:37und ergriff zwei Mann.
00:22:39Er fraß sie wie zwei Hähnchen auf.
00:22:42Da rief Odysseus listig,
00:22:45Sauf, nimm hier von meinem Maronwein.
00:22:49Ich schenk dir zwei, drei Eimer ein.
00:22:52Der Unhold merkte nicht die List, sprach grinsend,
00:22:56Sag mir, wer du bist, dass ich dir eine Gunst erweise.
00:22:59Drauf rief Odysseus,
00:23:01Wie ich heiße?
00:23:04Man nennt mich niemand, seit ich denk.
00:23:08Doch sag, was ist dein Gastgeschenk?
00:23:12Er macht das Scheusal und versetzt.
00:23:15Dich, niemand, fresse ich zuletzt.
00:23:18Woraus man sieht, dass oftmals Gaben
00:23:21nur für den Spender Gutes haben.
00:23:25Naja, ein bisschen verwegen
00:23:28sehen die kyklopennachkommen schon aus,
00:23:31aber im Grunde alles friedliche Leute.
00:23:43Wer sie zu Ungeheuern machen will,
00:23:46der muss schon etwas mit dem Zeichenstift nachhelfen.
00:23:57Odysseus goss dem Riesen ein von Priester Marons Instantwein
00:24:02und Polyphem, der ja nicht wusste,
00:24:05dass man das Zeug verdünnen musste,
00:24:07trank einstens den Riesenein
00:24:09und Polyphem, der ja nicht wusste,
00:24:11dass man das Zeug verdünnen musste,
00:24:13trank eimerweiß die Krüge leer.
00:24:15Ja, er verlangte dauernd mehr.
00:24:17Die Mengen Weins, die er so schluckte,
00:24:20das Fleisch, die Molkereiprodukte,
00:24:23all das zog Magenkrämpfe nach sich.
00:24:26Kurzum, das Monstrum, es erbrach sich.
00:24:29Das war ein Rülpsen, war ein Rotzen,
00:24:32vor allem aber war es ein Kotzen.
00:24:35Drauf schlief er ein, auf Fleisch und Knochen,
00:24:37samt Milch und Wein, die er erbrochen.
00:24:41Odysseus aber zögert kaum.
00:24:43Er griff sich den Olivenbaum
00:24:45und rammte mit der Glut des Feuers
00:24:48ihn in das Aug des Ungeheuers.
00:24:52Da brüllte Polyphem und schrie gleich einem abgestochenen Vieh,
00:24:56rasch eilten auf den Hilfeschrei
00:24:59Kyklopen aller Art herbei
00:25:02und fragten, was ist denn geschehen,
00:25:05um dem Genossen beizustehen.
00:25:07Ach, niemand, niemand will mich töten.
00:25:11Dann sind wir ja auch nicht vonnöten,
00:25:14wenn niemand dir hat wehgetan.
00:25:16Drauf traten sie den Heimweg an.
00:25:19Der Riese, blind und irr vor Schmerz,
00:25:22ersuchte hier und anderwärts in allen Ecken,
00:25:25Winkeln, Nischen die Übeltäter zu erwischen.
00:25:28Vergeblich.
00:25:30Langsam ward es Tag,
00:25:32die Herde drängte aus dem Schlag.
00:25:34Ja, ja, sprach da der Hühne,
00:25:37ihr wollt hinaus ins Grüne.
00:25:39Er schob den Felsen von der Gruft
00:25:41und ließ die Herde an die Luft.
00:25:44Doch tastete dabei der Blinde,
00:25:47ob er nicht wen dazwischen finde.
00:25:49Die Griechen flohen in der Tat.
00:25:51Sie hingen auf Odysseus Rad am Bauch der Schafe,
00:25:55das heißt unten,
00:25:57und wurden deshalb nicht gefunden.
00:25:59Doch jener baumelte voll Bammel
00:26:01an Polyphemus Lieblingshammel.
00:26:04Den streichelte der Riese jetzt und sprach,
00:26:07was kommst du heut zuletzt,
00:26:09sonst drängst du doch zuerst zur Weide.
00:26:11Ich weiß, du fühlst wohl, wie ich leide,
00:26:14und könntest du statt blöken reden,
00:26:17du zeigtest mir wohl einen jeden.
00:26:20Doch geh nun, wie die Schafe auch.
00:26:23Da ging der Bock,
00:26:26samt Held am Bauch,
00:26:28durchs unversperrte Höhlentor.
00:26:31Gleich krochen da die Männer vor
00:26:34und liefen allesamt zum Strand.
00:26:36Man zog das Boot vom trockenen Sand hinaus aufs Meer
00:26:39und war gerade so drei, vier Längen vom Gestade,
00:26:42da rief Odysseus, Polyphem,
00:26:44du warst geblendet, doch von wem?
00:26:46Nicht niemand gab dir so den Lohn,
00:26:49Odysseus war's, Laertes Sohn.
00:26:53Da brach der Blinde hoch vom Riff ein Felsenstück
00:26:57und warf's aufs Schiff.
00:26:59Daneben
00:27:01und beim zweiten Stück,
00:27:03da hatte er gleichfalls wenig Glück.
00:27:05Doch traf er auch nicht mit Geschossen,
00:27:08mit Flüchen
00:27:10traf er die Genossen.
00:27:13Er bat Poseidon, seinen Vater,
00:27:16rech mich an ihnen,
00:27:18und das tat er.
00:27:20Es schlug der Meeresgott seitdem die Griechen
00:27:23wegen Polyphem.
00:27:25Odysseus aber trug den Fluch
00:27:28und zugleich ein ins Tagebuch
00:27:31Der Götterhass ist schlimm,
00:27:34indessen verflucht ist besser als gefressen.
00:27:40Ich weiß auch nicht,
00:27:42sie muss davongeschwommen sein,
00:27:44und so hieß es denn,
00:27:46viel Inseln gibt's im Mittelmeer,
00:27:48jedoch nur eine schwamm umher
00:27:50vergleichbar einem Wasserschloss,
00:27:52und die gehörte Äolos.
00:27:54Den hatte Zeus, der Herr der Welt,
00:27:57als Hirt der Winde angestellt,
00:27:59kein schweres Amt,
00:28:01als Paste aus dem Burg verliese.
00:28:03Ein Windlein da,
00:28:06dort ein Taifun,
00:28:08sonst gab's nicht allzu viel zu tun.
00:28:11Er hatte Zeit, dem Mal zu frönen,
00:28:13samt Weib, sechs Töchtern
00:28:15und sechs Söhnen.
00:28:17Die Letztern ehlich in Connex,
00:28:19natürlich paarweise,
00:28:21sechs zu sechs.
00:28:23Als Gäste aber aßen heute Odysseus mit
00:28:25und dessen Leute.
00:28:27Der hatte nach dem Abenteuer mit Polyphem,
00:28:29dem Ungeheuer,
00:28:31sehr viel zu tun
00:28:33und war zu Äolos gekommen.
00:28:35Dem mußt er lang und breit Geschichten
00:28:38von Trojas Untergang berichten.
00:28:41Es hören nämlich alte Herren
00:28:43so Kriegsgeschichten furchtbar gern.
00:28:45Man mischte Wahres mit Gerüchten
00:28:47und labte sich an Hülsenfrüchten,
00:28:49nebst Knollen aus der Familie
00:28:51der abführkräftigen Lilie.
00:28:53Bald kam's, dank Zwiebeln,
00:28:55Knoblauch, Bohnen,
00:28:57im Darmtrakt zu Revolutionen,
00:28:59und die, vereint mit leisem Duft,
00:29:01verschafften sich entsprechend Luft.
00:29:03Und wer etwa die Frage schwer nahm,
00:29:05wo Äolos die Winde hernahm,
00:29:07der lese dort auf dem Abort
00:29:09Odysseus' eingekratztes Wort.
00:29:12Sturm erntet, wer da Winde sät,
00:29:15doch Winde erntet, den es bläht.
00:29:22Ohne uns bei diesem etwas anrühchigen Thema
00:29:25allzu lange aufhalten zu wollen,
00:29:26auch bei Hannah hatte das alte Hausmittel gewirkt,
00:29:29was uns Gelegenheit gibt,
00:29:31einen verschämten Blick in die andere,
00:29:33die Kulturtoilette, an Bord zu werfen.
00:29:46Auf Äols Insel Aiola,
00:29:48wie winselten die Winde da,
00:29:50wenn er zur Äols Harfe griff,
00:29:52und die Familie dazu.
00:29:53Odysseus, der zu Gast hier war,
00:29:55dem bracht man so ein Ständchen da.
00:29:58Blies einer nur, war's bloß ein Säuseln,
00:30:01bei zweien, grad ein Wellenkräuseln,
00:30:04bei dreien, brachen sie sich kaum,
00:30:07doch bliesen vier, sah man schon Schaum,
00:30:10bei fünven, gab es nur noch Schaum,
00:30:13bei sieben, war's nur noch Schaum,
00:30:16bei sieben, war's nur noch Schaum,
00:30:19bei sieben, war's nur noch Schaum,
00:30:21bei sieben, gab es weite Wogen,
00:30:24bei sechsen, kam der Gischt geflogen,
00:30:28bei sieben, türmten sich die Wellen,
00:30:32um sich bei achten, hochzustellen,
00:30:36und als sie dann zu neunt gepfiffen,
00:30:39war Sturm ringsum und gnaht den Schiffen,
00:30:44das Meer war schaumweiß, pfiffen zehn,
00:30:47bei elf, war bloß noch Gischt zu sehen,
00:30:51und pfiff der ganze Eolsklan,
00:30:54so heißt das heut noch, ein Orkan,
00:30:57vor Beaufort hatten die Geschwister
00:31:00so längst ihr Windstärkenregister,
00:31:03und pfiffen damit virtuos die Fugen des Herrn Eolos.
00:31:07Odysseus war zutiefst gerührt von dem,
00:31:10was man ihm vorgeführt,
00:31:13und doch sprach er,
00:31:15nun waren wir schon einen ganzen Monat hier
00:31:19und wollen jetzt trotz Sturmgebraus hinaus aufs Meer,
00:31:23das heißt nach Haus.
00:31:26Dies konnte Eol nachempfinden,
00:31:29drum sprach er, keine Angst vor Winden,
00:31:32bisweilen nützen sie dir auch.
00:31:35Doch schau ihr diesen Lederschlauch,
00:31:38was widrig kann an Winden sein,
00:31:41das kommt jetzt in den Sack hinein,
00:31:43was sollte dann der Heimfahrt schaden?
00:31:46Den Schlauch jedoch nimmst du aufs Schiff,
00:31:49dem gebe ich den rechten Pfiff, das heißt,
00:31:52es bringt ein günstiger Wind euch rasch nach Haus,
00:31:55zu Weib und Kind.
00:31:58Gesagt, getan, man dankte sehr,
00:32:01nahm jenen Windsack mit aufs Meer
00:32:04und fuhr neun Tage und neun Nächte,
00:32:07gespannt, wohin die Drift sie brächte.
00:32:10Am zehnten Tage aber sah man in der Ferne Itaka,
00:32:14da waren sie außer Rand und Band
00:32:17und alle schrien, O Heimatland!
00:32:20Und dies sei es nur,
00:32:23der Tag und Nacht auf Wacht am Steuer zugebracht,
00:32:26er dachte bloß noch, lasst mich schlafen,
00:32:29nun findet ja ein Depp den Hafen.
00:32:32Doch kaum macht er die Augen zu,
00:32:35da flüstert unter sich die Crew,
00:32:37was mag wohl Eolos für Gaben
00:32:40Odysseus mitgegeben haben,
00:32:43natürlich, sagt der, es sind Winde,
00:32:46doch nur, dass man sein Gold nicht finde,
00:32:49wer wird schon einem Boss vertrauen,
00:32:52lasst uns in seinen Beutel schauen.
00:32:55Odysseus schlief, doch stammt der Spruch
00:32:58aus jener Zeit im Tagebuch,
00:33:01ein Wort, das hasse ich bis aufs Messer,
00:33:04Vertrauen ist gut, Kontrolle besser.
00:33:08Indes Odysseus fest und tief
00:33:11am Ruder seines Flaggschiffs schlief,
00:33:14da lösten seine Kameraden am Eolsbalk
00:33:17den Silberfaden, denn diese glaubten
00:33:20ja mitnichten an Wind im Sack
00:33:23und so Geschichten.
00:33:26So lösten sie das Angebinde,
00:33:29da stürmten sie heraus die Winde,
00:33:32Orkane und Gewitterböen, Windhosen, Wirbel,
00:33:34es blies aus Ost, aus Süd, aus Nord und
00:33:37sie von ihrer Heimat fort.
00:33:40Da wurde auch dem Dümmsten klar,
00:33:43dass in dem Sack kein Gold drin war.
00:33:46Odysseus aber, roh geweckt,
00:33:49war über all dies so erschreckt,
00:33:52dass er beschloss, ins Meer zu stürzen,
00:33:55um so sein Leben jäh zu kürzen.
00:33:58Gottlob tat er dies letztlich nicht,
00:34:01zum Glück für unseren Bericht,
00:34:04schloss er seines Schiffes nieder,
00:34:07um dort, was konnte anderes tun,
00:34:10bei diesem Sturm, als auszuruhen.
00:34:13Die Schiffe aber triebs umher
00:34:16die Kreuz und quer durchs Mittelmeer
00:34:19und wurden just in fünf, sechs Tagen
00:34:22zurück zu Äolos verschlagen.
00:34:25Der hörte sich die Klagen an
00:34:28und sagte zu Odysseus dann,
00:34:31wenn einen so die Götter hassen,
00:34:34dann die Finger lassen.
00:34:37Die Winde wieg ich euch in Schlaf,
00:34:40goodbye, ihr Helden, rudert brav.
00:34:43Odysseus aber, so vertrieben,
00:34:46hat in sein Tagebuch geschrieben,
00:34:49es ist nicht jedermanns Geschmack,
00:34:52lässt wer die Winde aus dem Sack.
00:35:05Odysseus ließ sich's nicht verdrießen.
00:35:08Von Äolos des Orts verwiesen fuhr er,
00:35:11wenn auch etwas verwirrt, da er sich in der Richtung irrt,
00:35:14statt ostwärts, eben nach Nordwest.
00:35:17Und da kein müdes Windlein bläst,
00:35:20drum mühten sich die Ruderknechte
00:35:23sechs Tage und sechs lange Nächte.
00:35:26Am siebten aber sichtet man Telepilos
00:35:29und legt dort an, und zwar in einer Art von Fjord,
00:35:31wie es schien ein bombensicherer Ort.
00:35:34Allein Odysseus band sein Schiff
00:35:37beim Hafeneingang an ein Riff.
00:35:40Ich halt, sprach er, hier draußen wacht
00:35:43und geb auf Seepiraten acht.
00:35:46Man war ja fremd in fernen Zonen,
00:35:49und das hier lässt Rigonen wohnen,
00:35:52das wusste nicht mal unser Held.
00:35:55Nur dies, man war am Rand der Welt,
00:35:58so weit ab, dass er spöttisch lacht,
00:36:01so weit ab.
00:36:04Doch schien die Gegend unbewohnt.
00:36:07Das heißt, von einem Fels aus
00:36:10zeigt sich Rauch, der auf zum Himmel steigt.
00:36:13Draus schloss Odysseus scharf,
00:36:16gibt's Rauch, hat's Feuer wohl und Menschen auch.
00:36:19Und weil ihn stets die Neugier zwickt,
00:36:22ward gleich ein Spähtrupp losgeschickt,
00:36:25der bald auf einen Holzweg stieß
00:36:28und auf ein Mädchen überdies,
00:36:31eine junge Dame als Infantil,
00:36:34doch mitteilsame Wegweiserin.
00:36:37Und dieser führe geradewegs zu Papis Türe.
00:36:40Und der, Antipathes genannt,
00:36:43sei auch der König hierzuland.
00:36:46Ihm seien Fremde hochwillkommen,
00:36:49er hab sie stets gut aufgenommen,
00:36:52und deshalb glaube sie bestimmt,
00:36:55dass er die drei auch zu sich nimmt.
00:36:58Drauf schöpft man Wasser statt Verdacht,
00:37:01so groß wie ein Berg die Frau Mama.
00:37:04Die sprach, wen schleppst du wieder an?
00:37:07Und holt vom Marktplatz ihren Mann.
00:37:10Der kam sofort und sah die drei und schwuppdiwupp
00:37:13waren's nur noch zwei.
00:37:16Dies ohne seiner Frau daneben auch bloß ein Beinchen abzugeben.
00:37:20Jedoch die beiden anderen Helden entflohen,
00:37:23um es zu vermelden.
00:37:26Schwer ist mit Leuten Kirschen essen,
00:37:28wenn die viel lieber Menschen fressen.
00:37:33Es war dem Lestrigonenkönig ein Mensch als Mahlzeit,
00:37:36viel zu wenig.
00:37:39Und dass er den allein gefressen,
00:37:42das heißt, die anderen ganz vergessen,
00:37:45dies schadete der Monarchie.
00:37:48Und eben deshalb lud er sie zu einem Schlachtfest ohne Rahmen.
00:37:51Der König rief,
00:37:54und alle kamen hin zu den Griechen dort im Fjord
00:37:56und trieben mit Entsetzen Sport,
00:37:59indem sie erst mit Steinen zielten
00:38:02und drunten Schiffsversenken spielten.
00:38:05Dann zweitens, stehend auf den Klippen,
00:38:08galt es dort, Männer aufzustippen.
00:38:11Es fressen nämlich diese Riesen wie Schaschlikfleisch
00:38:14den Mensch an Spießen.
00:38:17Drum pickten sie mit ihrem Speere gleich Perlen Griechen
00:38:20aus dem Meere, so vier, fünf Stück auf jeder Lanze.
00:38:23Und danach fraß man dann das Ganze.
00:38:26Odysseus, der mit Vorbedacht
00:38:29sein Schiff vorm Hafen festgemacht,
00:38:32vernahm zunächst nur das Geschrei.
00:38:35Dann sah er sie, die Schlachterei.
00:38:38Voll ohn Macht musste er den Gefährten zuschauen,
00:38:41beim Aufgefressen werden.
00:38:44Sah machtlos auf der Schiffe planken, die Steine prasseln,
00:38:47bis sie sanken.
00:38:50Hineinzufahren in den Fjord wär nichts gewesen, außer Mord.
00:38:53Ein Stein flog ja schon naheher
00:38:56das Meer.
00:38:59Die Situation war höchst gefährlich.
00:39:02Und deshalb ist es auch erklärlich, wenn er gekappt
00:39:05das Ankerseil und in der Flucht gesucht das Heil.
00:39:08Wenn's heißt, es schlug der Alexander
00:39:11den Gortschen Knoten auseinander,
00:39:14und zwar mit Hilfe seines Schwertes,
00:39:17so sagt man sicher nichts Verkehrtes,
00:39:20und doch, man sollte auch betonen,
00:39:23Odysseus bei den Lestrigonen
00:39:26hat einen Knotentrick gezeigt
00:39:29mit Schwert und Ankerstrick.
00:39:32Der Vorwurf Flucht ist ihm geblieben,
00:39:35doch hat er ins Journal geschrieben,
00:39:38das Keck zu tun, was feige scheint,
00:39:41das braucht oft mehr Mut,
00:39:44als man meint.
00:39:48Die knobeln auch,
00:39:51doch mit Verdruss, weil wer gewinnt
00:39:53hat, der Vorwurf, was muss.
00:39:56Und was muss er? Er soll erfragen,
00:39:59wohin man dieses Mal verschlagen.
00:40:02Doch solche Spähtrupp-Unternehmen waren meist
00:40:05verbunden mit Problemen wie Lestrigonen,
00:40:08Polyphem und Lotophagen außerdem.
00:40:11Drum ärgert sich Eurylochos,
00:40:14denn seine Truppe traf das Los.
00:40:17Die brach dann auf, stieß querfeldein
00:40:20durch einen Wald auf einen Hain,
00:40:23um Lästchen zu entdecken.
00:40:26Wobei sich diese im Gehaben recht zahm,
00:40:29ja, beinahe menschlich gaben.
00:40:32Da waren Löwen, Leoparden,
00:40:35ein ganzer zoologischer Garten.
00:40:38Jedoch inmitten dieses Haines,
00:40:41da stand ein Haus.
00:40:44Und was für eines.
00:40:47Es war schon eher ein Palast,
00:40:50und dieser lud zu kurzer Rast.
00:40:53Und von einem jungen Weib,
00:40:56das da aus purem Zeitvertreib am Webstuhl saß,
00:40:59was sonderbar für Männer höchst bestritten war.
00:41:02Wer wollte der Lockung sich verwehren?
00:41:05Und so beschloss man, einzukehren.
00:41:08Man klopfte bei der Türe an.
00:41:11Das heißt, nicht alle.
00:41:14Denn ein Mann, Eurylochos,
00:41:17der blieb zum Glück in einem Busch versteckt zurück.
00:41:20Denn Mut war nicht das Heldenstärke.
00:41:23So musste er den voller Grauen
00:41:26die ganze Schweinerei erschauen.
00:41:29Und was sich seinem Auge bot,
00:41:32war schlimmer als der Heldentod.
00:41:35Das Tor ging auf, und in der Pforte,
00:41:38da stand ein Weib.
00:41:41Es fehlen Worte, die Schönheit dieser Frau zu schildern.
00:41:44Nun denn, wir tun dies ja mit Bildern.
00:41:47Nach langer Fahrt und bittrem Leide
00:41:50war sie die rechte Augenweide.
00:41:53In den Speisesaal.
00:41:56Die Mägde, die das Essen brachten,
00:41:59die waren auch nicht zu verachten.
00:42:02Am meisten aber waren die Speisen,
00:42:05die man da tischte, hoch zu preisen.
00:42:08Dem Kohldampf, den die Griechen hatten,
00:42:11kam diese Orgie sehr zustatten.
00:42:16Man sah sie wie die Säue fressen
00:42:19und wurden Schweine unterdessen.
00:42:21Da ging nicht mehr der Mund zur Schüssel,
00:42:24jetzt hingen in die Tröge Rüssel,
00:42:27jetzt gingen sie auf allen Vieren
00:42:30und wurden ganz zu Borstentieren.
00:42:33Die Mägde, eben noch zu loben,
00:42:36die trieben sie nun in die Koben.
00:42:39Eurylochos, im Busch verborgen,
00:42:42sah alles dies nicht ohne Sorgen.
00:42:45Und er beschloss, nein, nicht zu fliehen,
00:42:48vielmehr sich still zurückzuziehen.
00:42:51Was er zum Lager trabt,
00:42:54denkt er nur eines.
00:42:57Schwein gehabt.
00:43:03Die halbe Mannschaft ist zur Sau
00:43:06und fragst du wie? Durch eine Frau.
00:43:09So gab Eurylochos im Lager
00:43:12Odysseus' Kunde, seinem Schwager.
00:43:15Der fragt, wie hat's es denn geschafft?
00:43:18Drauf sagte der nur, Zauberkraft.
00:43:21Das Besseres fällt dir wohl nicht ein.
00:43:24Benimmt sich einer wie ein Schwein, bedarf's kaum großer Zauberkunst,
00:43:27wenn der auch hinterher noch grunzt.
00:43:30Ich werde nach dem Rechten sehen.
00:43:33Drauf rüstet er sich hinzugehen.
00:43:36Als Schwert und Panzer umgeschnallt,
00:43:39durchquerte er zunächst den Wald.
00:43:42Er ging allein.
00:43:45Doch in dem Tander traf er einen jungen Mann.
00:43:48Hermes, der Götterbote war es.
00:43:51Diese Kräfte ihm verlieh im Kampfe gegen die Magie.
00:43:54Verriet auch Trix, dass er die Tücke der Zauberin Kirke überbrücke.
00:43:59So nämlich war der Kosename der Schweinezuchtvernarrten Dame.
00:44:04Er half ihm noch den Weg zu finden,
00:44:07um vor dem Tierpark zu verschwinden.
00:44:12Die Bestien lösten nun statt Graus
00:44:15beim Helden eher Mitleid aus.
00:44:18Er kraulte sie in ihren Fellen.
00:44:21Sie riecht wie Regerzellen.
00:44:24Und also kam er zum Palast.
00:44:28Auch Kirke kam, lud ihn zu Gast.
00:44:31Er aß und trank, was sie ihm gab.
00:44:34Und als sie mit dem Zauberstab ihn in ein Schwein verwandeln wollte,
00:44:38hat er sein Schwert hervorgeholt und sprach zu ihr,
00:44:41du dumme Göre, hör mit dem Unsinn auf
00:44:44und schwöre, dass du mir nichts zu Leide tust
00:44:47und künftig lieb zu sein gerust.
00:44:49Und sie, halte ein!
00:44:52Du musst der Held Odysseus sein,
00:44:55der mir und meinen Zauberflachsen nach dem Orakelspruch gewachsen.
00:44:59Ich schwöre, ich tu dir nichts zu Leide.
00:45:02Komm, steck dein Schwert nun in die Scheide.
00:45:05Sei nicht mehr böse, sondern gib mir einen Kuss
00:45:08und hab mich lieb.
00:45:11Drauf sprach der Held, draus kann nichts werden,
00:45:14machst du nicht erst die Kampfgefährten aus Schweinen
00:45:16zu normalen Leuten.
00:45:19Das tat sie gleich,
00:45:22wie die sich freuten.
00:45:25Und auch die Mägde waren froh, denn denen waren sie lieber so.
00:45:29Das war ein Fest und ein Gelage 352 Tage.
00:45:36Jedoch nach diesem einen Jahr
00:45:39langweilten sie sich offenbar.
00:45:42Sie richteten Odysseus aus,
00:45:44und fuhren jetzt endlich heim nach Haus.
00:45:47Der Kirke war es herzlich leid,
00:45:50als der ihr sagt, es ist so weit,
00:45:53wir wollen nicht noch mal überwintern,
00:45:56nein, heim zu unserem Weib und Kindern.
00:45:59So fahr, sprach sie, mein lieber Held,
00:46:02doch erst musst du zur Unterwelt.
00:46:05Dort forsche den Theresias, den Seher aus,
00:46:08wie schaff ich das, die Irrfahrt hinter mich zu bringen.
00:46:11Er gibt dir Rat in allen Dingen.
00:46:14Und Ade, gib mir zum Schluss
00:46:17noch einen langen Abschiedskuss.
00:46:20Das tat man denn auch allgemein
00:46:23und sang, es muss geschieden sein.
00:46:27Elpenor, welcher auf dem Dach geschlafen,
00:46:31wurde davon wach, sprang auf und lief ein kurzes Stück,
00:46:35dann fiel er tief und brach's Genick.
00:46:39Odysseus, unser mutiger Held,
00:46:42war unterwegs zur Unterwelt.
00:46:45Nach Kirkes Rat, weil solcherlei
00:46:48laut Götterschieds Spruch nötig sei.
00:46:51So fuhr er denn zum Haus der Toten
00:46:54und tat so, wie man ihm geboten.
00:46:57Er gräbt ein Loch, in dieses tut er mehrere Liter Opferblut
00:47:01von einem Schaf und einem Bocke,
00:47:04dass er die Toten damit locke.
00:47:06Der Erste hat ihn angesprochen, Elpenor,
00:47:09mit gebrochenen Knochen.
00:47:11Der bat, ihn richtig zu bestatten,
00:47:14da sie dies wohl vergessen hatten,
00:47:17was ihm Odysseus auch verspricht.
00:47:20Doch Blut zu trinken gab es nicht
00:47:23und sprach, erst kriegt Theresias,
00:47:26der weise Seher, davon was.
00:47:29Der nahte denn auch schon und trank
00:47:32und prophezeite ihm zum Dank,
00:47:34des Helios Rinderweiden da.
00:47:37Doch wer auch eines nur versehrt,
00:47:40dem bleibt die Fahrt nach Haus verwehrt.
00:47:43Verweigert dir nicht schon den Segen Poseidon,
00:47:46seines Sohnes wegen, dem Polyphen,
00:47:49den du geblendet, sein Wüten wird erst dann beendet,
00:47:52triffst du, der einst in Griechenland ein Volk,
00:47:55dem Ruder unbekannt.
00:47:58Den Leuten mach den Nutzen klar,
00:48:01dann bring dem Gott ein Opfer da
00:48:04als Denkmal ein.
00:48:07Poseidon wird zufrieden sein.
00:48:10So sprach Theresias, der Seher.
00:48:13Drauf rief der Held die Mutter näher.
00:48:16Sag an, was dir das Leben nahm.
00:48:19O Sohn, ich starb so früh, aus Gram.
00:48:22Du glaubst nicht, wie man im Palast zu Hause
00:48:25all dein Gut verprasst.
00:48:28Es sind die Freier, sie umwerben schamlos
00:48:31dein Weib, dich zu beerben.
00:48:34Wart nur.
00:48:37Zu Hause räum ich auf.
00:48:40Nun zeigten sich diverse Damen,
00:48:43die es einst mit Zeus zu tun bekamen,
00:48:46als Schwan, als Stier, als Regenwolke.
00:48:49Ein Heldensohn war meist die Folge.
00:48:52Und außer diesen waren zwei Poseidon-Liebchen auch dabei.
00:48:56Die Damen gaben reihenweise
00:48:59ihr süßestes Geheimnis preis.
00:49:01Aber sie hieß es ausdrücklich
00:49:04als Schatten ihrer selbst nicht glücklich.
00:49:08Odysseus zeigte viel Verständnis
00:49:11und kam zugleich zu der Erkenntnis,
00:49:14scheint auch die Liebe oft unsterblich.
00:49:17Ihr Material ist leicht verderblich.
00:49:22Aber kehren wir nach dem Ausflug
00:49:25zu unserem Odysseus zurück.
00:49:28Odysseus war, da keine Leiche,
00:49:31nur ein Besuch im Totenreiche.
00:49:34Er sprach dort mit verschiedenen Leuten,
00:49:37zuletzt mit einigen Götterbräuten
00:49:40und setzte nach den Damen
00:49:43dort nun das Gespräch mit Männern fort,
00:49:46die einst gekämpft vor Trojas Mauern
00:49:49und deren Fallen nun zu betrauern.
00:49:52Im Leben waren sie noch Helden,
00:49:55doch nun, was hatten sie zu melden?
00:49:58Odysseus hörte ihr Gewinsel
00:50:01und Erinnerungen wiederkamen,
00:50:04die sie doch besser ruhen ließen.
00:50:07Doch schienen sie es zu genießen.
00:50:10Er lauschte Agamemnons Klagen,
00:50:13den heimgekehrt sein Weib erschlagen
00:50:16mit einer Axt, als er gerade sein Blut
00:50:19von Trojawusch im Bade.
00:50:22So leicht wird man von Ehefrauen
00:50:25mit Hausfreund übers Ohr gehauen.
00:50:28Er hört die Klagen des Achill.
00:50:31Hier über Toten thronen.
00:50:34Auch Ajax, der stand stumm beiseit,
00:50:37er hatte mit Odysseus Streit
00:50:40und hielt als konsequenter Mann
00:50:43selbst übern Tod hin fest daran.
00:50:46Dann hörte er den Titius Klagen,
00:50:49dem Geier an der Leber nagen,
00:50:52hört Tantalos nach Wasser lechzen
00:50:55und ob der Hunger Qualen ächzen.
00:50:58Da wälzte schweigend Sisyphos
00:51:01mit einem totem Wildgetier umgeben.
00:51:04Dann war da noch der Herkules.
00:51:07Der wiederum beklagte es,
00:51:10dass man ihn nach dem Tod geteilt.
00:51:13Was göttlich an ihm war,
00:51:16das weilt auf dem Olymp im Götterkreise.
00:51:19Was menschlich war,
00:51:22führt in der Weise als Hausknecht
00:51:25hier im Totenhaus die dämlichsten Befehle aus.
00:51:28Und so waren da noch viele Schatten,
00:51:31immer und immer mehr.
00:51:34Da wurde es ihm Angst und Bang,
00:51:37drum blieb er auch nicht allzu lang.
00:51:40Im Gegenteil, es floh der Held
00:51:43so schnell er konnte die Unterwelt.
00:51:46Nicht ohne aus dem Reich der Schemen
00:51:49die tiefe Weisheit mitzunehmen.
00:51:52Oft stimmt's nicht, wenn der Volksmund spricht,
00:51:55wo viele Schatten ist viel Licht.
00:51:58Die Griechen fuhren nochmals
00:52:01den Elpenor zu bestatten,
00:52:04so wie sie dies versprochen hatten.
00:52:07Sie schütteten ein Grab mal auf
00:52:10und setzten noch ein Ruder drauf
00:52:13als eine Art Berufsangabe
00:52:16für Schriftunkundige am Grabe,
00:52:19da der Elpenor offenbar ein Ruderer
00:52:22und nichts weiter war.
00:52:25Dann haben sie noch eine Nacht
00:52:28als Gäste Kirkes zugebracht.
00:52:31Dann warnt sie ihn noch vor den Weibern
00:52:34mit Drachen und mit Vogelleibern.
00:52:37Drauf sollt er, wo zwei Klippen ständen,
00:52:40ganz schnell das Schiff nach Osten wenden
00:52:43und hat dann noch, wie manche magt,
00:52:46dem Freunde was ins Ohr gesagt.
00:52:49Dann ging es wohlversorgt mit Speise
00:52:52aufs Schiff und auf die weite Reise.
00:52:55Odysseus aber schrieb zwei Zeilen ins Tagebuch,
00:52:58uns mitzuteilen.
00:53:01Zauberin Kirke hat unserem Helden also genaue Anweisungen
00:53:04für den Kurs Heimat gegeben.
00:53:07Kaum war man wieder auf dem Meer,
00:53:10da sprach Odysseus, hört mal her,
00:53:13mit unserer Weiterfahrt nach Haus
00:53:16sieht's leider ziemlich übel aus.
00:53:19Das Los hält uns wie prophezeit Gefahren aller Art bereit.
00:53:22Zum Beispiel geht es jetzt
00:53:25an zwei Gesangsartistinnen vorbei.
00:53:28Das Duo nennt sich die Sirenen.
00:53:31Man flüstert allerhand von denen,
00:53:34so, dass bisherige Passanten sie ganz unwiderstehlich fanden,
00:53:37trotz Krallen sowie Vogelschwingen.
00:53:40Es lag an ihrer Art zu singen,
00:53:43denn wer sie auch bis jetzt vernommen,
00:53:46der wollte den Damen näherkommen
00:53:49und lenkte ihrerhalb sein Schiff zu ihnen hin
00:53:52und auf ein Riff.
00:53:55Das Schiff zerbarst, worauf die Damen des Bootes
00:53:58Inhalt zu sich nahmen.
00:54:01Das Schiff zerbarst, worauf die Damen des Bootes
00:54:04Inhalt zu sich nahmen.
00:54:07Nun sind wir ja nicht trübe Tassen,
00:54:10die sich so leicht verspeisen lassen.
00:54:13Ich knete aus Bienenwachs euch Pfropfen,
00:54:16um eure Ohren zu verstopfen.
00:54:19So könnt ihr den Gesang nicht hören,
00:54:22so kann er euch auch nicht betören.
00:54:25Ich aber will den Arien lauschen
00:54:28und mögen sie mich auch berauschen.
00:54:31Sag ich dann.
00:54:34Drauf banden sie Odysseus an.
00:54:37Er aber trug im Nachhinein
00:54:40ins Tagebuch die Worte ein.
00:54:43Man glaubt ja nicht, wie dann und wann
00:54:46Musik den Menschen fesseln kann.
00:54:50Die Sirenen zu Odysseus' Zeiten
00:54:53hatten allerdings ein weit reichhaltigeres Programm.
00:54:56Sie warnten nicht, sie lockten.
00:54:58Die Griechen ruderten bestrebt,
00:55:01die Ohren fest mit Wachs verklebt,
00:55:04vorbei am Singsang jener beiden Sirenen-Sisters
00:55:07oder Meiden, wobei ihr Trellern wenig störte,
00:55:10da es ja auch nur einer hörte, Odysseus,
00:55:13der im Gegenteil gefesselt lauschte mittels Seil,
00:55:16und zwar am Mast, er lauscht mit Wonnen
00:55:19den Arien der Primadonnen.
00:55:22Wie wohl klang es in seinen Ohren,
00:55:25Odysseus, Held vor Trojas Toren,
00:55:28du hast ja mitgemacht, gib uns authentischen Bericht,
00:55:31wie es wirklich dort war und wie nicht.
00:55:34Nichts ist für einen Kriegsteilnehmer,
00:55:37der überlebt hat, angenehmer, als wenn ihm eingeredet wird,
00:55:40man sei an Kriegskram interessiert.
00:55:43Odysseus ran dies jedenfalls wie Honigseim
00:55:46durch seinen Hals.
00:55:49Er zerrte wild an seinen Strecken
00:55:52und bettelte mit Wort und Blicken,
00:55:55Gefährten, kommt und macht mich frei!
00:55:58Zunächst sein Freund Eurylochos
00:56:01band ihn nur fester, anstatt los.
00:56:04Was blieb? Er schmachtete in Banden,
00:56:07statt bei den Damen sanft zu landen.
00:56:10Die aber boten ohne Gnade
00:56:13ein Starprogramm der Hitparade.
00:56:16Das Schiff jedoch fuhr dran vorbei.
00:56:19Von fern her klang's noch wie Chalmei,
00:56:22dann war es still.
00:56:25Und nach zwei Stunden
00:56:28flog mit einem leisen Fluch
00:56:31die Verse in sein Tagebuch
00:56:34Wenn dich Sirenen sehnen fast,
00:56:37so suche wie ich Strick und Mast.
00:56:42Was würde der gute Odysseus wohl heute
00:56:45zu den Verlockungen der modernen Sireneninsel sagen?
00:56:50Nach dem Erlebnis der Sirenen
00:56:53wären noch die Klippen zu erwähnen,
00:56:55die durch die Lüftung fallen,
00:56:58durch Feuer und Zusammenprallen.
00:57:01Odysseus wollte nicht riskieren,
00:57:04hier Schiff und Leben zu verlieren.
00:57:07Er nahm die Feuerklippen nur
00:57:10als quasi Leuchtturm der Natur.
00:57:13Den ließ er rechts im Süden liegen,
00:57:16um Backbords ostwärts einzubiegen
00:57:19und nahm so Kurs mit festem Steuer
00:57:22auf ein ganz neues Abenteuer.
00:57:25Wie da bei einer Meeresenge
00:57:28die Schiffer brächten ins Gedränge.
00:57:31Rechts hockt Charybdis, Skylla links.
00:57:34Es gibt keine andere Durchfahrt rings.
00:57:37Die erste saugt mit breitem Schlund
00:57:40was immer naht zum Meeresgrund,
00:57:43schlürft jedes Schiff in sich hinein,
00:57:46um es dann wieder auszuspeien.
00:57:49Denn schließlich ist ja so ein Boot
00:57:52kein leicht verdaulich Magenbrot.
00:57:55Charybdis, das sie spuckte,
00:57:58was sie an Unbrauchbarem schluckte.
00:58:01Vom Rhein und raus, vom Hin und Her
00:58:04ward aufgewühlt weit um das Meer.
00:58:07Es war, als kochte rings die Flut.
00:58:10Den Griechen aber sank der Mut.
00:58:13Sie ließen auch die Ruder sinken
00:58:16und dachten nur noch ans Ertrinken,
00:58:19wenn sie Charybdis nun verspeiste.
00:58:22Da sprach der Held, der weitgereiste,
00:58:25ihr Kameraden, denkt an vergangene Heldentaten.
00:58:28Uns wurden weder Polyphem
00:58:31noch Lästrigonen zum Problem
00:58:34und mit vereinter Ruderkraft wird auch Charybdis noch geschafft.
00:58:37Die suhlt sich rechts, wir sind so frei
00:58:40und fahren ganz links an ihr vorbei,
00:58:43links außen, wo die Felsen ragen.
00:58:46Ihr müsst nur recht die Ruder schlagen.
00:58:49Das gerade hier der Skyllarnest
00:58:52verschwieg er ihnen und hielt fest,
00:58:55wenn sie uns verschlungen werden,
00:58:58dann muss das nicht gleich jeder wissen.
00:59:09Odysseus sprach zu den Gefährten,
00:59:12wenn wir nicht wollen verschlungen werden,
00:59:15so müssen wir wohl darauf sehen,
00:59:18Charybdis seitlich zu umgehen.
00:59:21Ist ihr Platz auf der rechten Seite,
00:59:23wo aber dort die Skylla war,
00:59:26verschwieg er ihnen offenbar.
00:59:29Die Skylla war ein rechter Drachen
00:59:32mit je drei Zahnreihen in sechs Rachen
00:59:35und auch mit ihren dutzend Klauen
00:59:38schied sie sich leicht von anderen Frauen.
00:59:41Sie hockte da auf einem Riff
00:59:44und pflückte sich von jedem Schiff,
00:59:47was an Matrosen sie erwischte
00:59:50und kam kein Boot,
00:59:53sondern das Unheil saß auf beiden Seiten.
00:59:56Charybdis, Skylla, einerlei.
00:59:59An einer musste er vorbei.
01:00:02Er dachte, fahr ich rechts,
01:00:05so droht uns allesamt der Seemannstod.
01:00:08Dagegen links die Fahrbahn nutzend
01:00:11stirbt höchstenfalls ein halbes Dutzend.
01:00:14Die Wahl fiel leicht, gedacht, getan.
01:00:17Er feuerte die Männer an.
01:00:20Ans Ruder, auf geht's Kameraden,
01:00:23die aber paddelten wie wild.
01:00:26Er vorn am Bug mit Speer und Schild
01:00:29hielt Ausschau nach dem Drachenweib,
01:00:32damit er ihm nichts schuldig bleib.
01:00:35So fuhren sie ein gutes Stück
01:00:38und glaubten schon, sie hätten Glück.
01:00:41Da stießen um ein Felseneck
01:00:44sechs Meuler vor aus dem Versteck
01:00:47und ehe sie sich's Recht versehen,
01:00:50war's um sechs Männer schon geschehen.
01:00:53Sie waren auch nun sechs weniger.
01:00:56Odysseus aber schrieb danach
01:00:59mit fester Hand ins Alma nach
01:01:02ein Paar wie Skylla und Charybdis.
01:01:05Man glaubt es kaum, jedoch es gibt dies.
01:01:08Die eine säuft, die andere frisst,
01:01:11was wieder ganz alltäglich ist.
01:01:16Odysseus wollte ohne Pause
01:01:19und auf dem schnellsten Weg nach Hause,
01:01:21bevor sich der Gefahr des Drachenweibs entgangen war.
01:01:24Trinakria schien schon vorbei,
01:01:27da stank der Crew die Ruderei
01:01:30und wollte just am geweihten Flecken
01:01:33des Sonnengotts die Glieder strecken.
01:01:36Odysseus warnte zwar davor,
01:01:39noch den Orakelspruch im Ohr
01:01:42Hüt dich vorm Ort Trinakria,
01:01:45die Sonnenrinder weiden da
01:01:48und wer auch eines nur versehrt,
01:01:51muss zwar einen jeden schwören,
01:01:54die Rinder, die dem Gott gehören,
01:01:57in keiner Weise anzutasten
01:02:00und müssten sie auch noch so fasten.
01:02:03Die Mannschaft schwor recht gern den Eid.
01:02:06Noch war ja keine Fastenzeit,
01:02:09noch lagen ja im Schiffe
01:02:12dank der Kirke Speisen sowie Trank.
01:02:15Als aber Südwind wochenlang
01:02:18die Griechen dazu bleiben zwang,
01:02:21sahen dem Eurylochos die Rinder
01:02:24des Herrn Helios ins Auge,
01:02:27da er ja mit Nichten zufrieden,
01:02:30nur mit Fischgerichten.
01:02:33Indes, Odysseus einmal tief aus Hunger
01:02:36und vor Kummer schlief,
01:02:39sprach voller Überredungskraft Eurylochos
01:02:42zur Schiffsmannschaft,
01:02:45das Sonnengottes Rinder haben nur Zweck
01:02:48für ihn als Opfer gaben,
01:02:51und nach der Schlachterei
01:02:54steht's auch etwas ab dabei,
01:02:57doch will der Gott uns schon verderben,
01:03:00mit leerem Magen ist schlecht sterben.
01:03:03Die schöne Rede stieß bei allen
01:03:06auf ungeteiltes Wohlgefallen.
01:03:09Odysseus schlief, sie aber machten sich
01:03:12fröhlich an das Rinderschlachten
01:03:15und mancher glaubt gewiss,
01:03:18er tut es dem Gott zu lieb
01:03:21und hat viel Vergnügen,
01:03:24sich und die Götter zu betrügen.
01:03:29Indes Eurylochos umnachtet
01:03:32des Sonnengottes Rinder schlachtet
01:03:35und sich das Volk voll Übermut
01:03:38an deren Fleisch sich gütlich tut,
01:03:41gab eine Nymph dem Gott die Kunde,
01:03:44die Griechen opfern dir zur Stunde
01:03:47und dies gereichte dir zur Ehre,
01:03:49sagte Helios. Trinakria, so rief er bloß,
01:03:52den Übeltätern werd ich's zeigen
01:03:55und er beschloss fortan zu streiken.
01:03:58Schon war er daran abzuschalten,
01:04:01doch hat ihn Zeus noch abgehalten,
01:04:04du wirst doch nicht etwa die Braven
01:04:07im Eintopf mit den Bösen strafen
01:04:10und Nacht wird ja nur die erfreuen,
01:04:13die stets das Licht des Tages scheuen.
01:04:16Nein, lasse mich nur das Verbrechen
01:04:19und auf dem Meer ihr Schiff zerschmettern.
01:04:22Getrost, ein jeder kriegt den Lohn,
01:04:25denn auch nicht einer kommt davon.
01:04:28Der Schwur galt des Odysseus Leuten,
01:04:31die aber waren am Rinderhäuten,
01:04:34dann brieten sie das Fleisch an Spießen
01:04:37und waren eben am Genießen,
01:04:40als ringsumher das Herdenvieh
01:04:43wie Unrecht auf zum Himmel schrie.
01:04:46Ja, selbst die Lenden und die Keulen
01:04:49und die Leute, Fälle, die grochen winselnd auf der Stelle
01:04:52und über all dem Lärm und Krach
01:04:55ward endlich auch Odysseus wach
01:04:58und sogleich roch er auch den Braten.
01:05:01Wie schallt er sie ob ihrer Taten?
01:05:04Doch nutzlos, wie halt Flüche sind,
01:05:07im Brunnen lag bereits das Kind.
01:05:11Am siebten Tag nach dem Geschehen
01:05:14begann ein günstiger Wind zu wehen.
01:05:16Man setzte Segel und fuhr fort.
01:05:19Doch Zeus, der Rächer, er hielt Wort.
01:05:22Er sandte Sturm, der brach den Mast
01:05:25und dieser mit der ganzen Last
01:05:28stürzt nieder auf den Steuermann.
01:05:31Drauf fing das Boot zu kentern an,
01:05:34ein Blitzstrahl gab ihm noch den Rest.
01:05:37Sein Schwefeldampf stank wie die Pest.
01:05:40Die Männer fegte es von Deck
01:05:43und Wogen trugen sie hinweg.
01:05:46Ein Balken hat ihm Halt gegeben.
01:05:49Er war ja schuldlos an dem Ende der Sonnenrinder,
01:05:52weil er pennte.
01:05:54Weshalb man seit der Zeit verkündigt,
01:05:57dass jener, welcher schläft, nicht sündigt.
01:06:00Odysseus aber trieb es drauf
01:06:03bis zu Charybdis Maul hinauf,
01:06:05dem er mit Mühe nur entran.
01:06:07Neun volle Tage
01:06:09trieb er dann am Balken hängend übers Meer
01:06:12und dauernd sprach er vor sich her
01:06:14schlag nie,
01:06:16selbst in der größten Not,
01:06:19die heilgen Kühe anderer tot.
01:06:24Odysseus, des Laertes Sohn,
01:06:27trieb es zehn Tag und Nächte schon hin übers Meer,
01:06:30auf Planken reitend
01:06:32und Durst noch mehr als Hunger leidend.
01:06:35Am zehnten Abends sah er Land.
01:06:38Es war Ogygyas Inselstrand.
01:06:40Dort warf die Flut ihn ans Gestade,
01:06:42just da, wo Nymph Kalypso gerade,
01:06:45die Herrin auf Ogygya,
01:06:47spazieren ging und ihn gleich sah.
01:06:49Da lag er nun vor ihr bewusstlos.
01:06:52Sie aber meinte, nicht ganz lustlos,
01:06:55wer weiß, nach ein paar Wochen Schonung
01:06:58wird das ein Prachtstück für die Wohnung.
01:07:00Worauf sie unseren Helden pflegte,
01:07:02der sich auch bald drauf wieder regte.
01:07:05Voraussetzung, um ihr zu danken
01:07:07für all die Sorge um den Kranken.
01:07:09Das tat er denn auch recht ausführlich.
01:07:12Die Nymphe freute dies natürlich
01:07:15und auch ihr Dank war riesengroß.
01:07:17Sie ließ ihn einfach nicht mehr los,
01:07:19wobei sie ihn verhätschelte
01:07:21und da und dorthin tätschelte.
01:07:23Odysseus, dem gefiel dies zwar,
01:07:26doch ward ihm nach dem zweiten Jahr
01:07:28der Aufenthalt etwas zu lang.
01:07:30Er erkannte ihren Minnesang,
01:07:32er kannte sie redend, kannte sie stumm,
01:07:34kannte ihre Vögel auch rundum
01:07:36und wenn sie nachts am Webstuhl saß,
01:07:38an was gemahnte ihn wohl das?
01:07:40Stets an Penelope die Ferne,
01:07:43die wob ja gleichfalls nachts recht gerne.
01:07:46Doch blieb ihm nur von ihr zu träumen,
01:07:49im Sand, am Strand und unter Bäumen,
01:07:52den Pappeln, Erlen und Zypressen.
01:07:55Er konnte die Gattin nicht vergessen
01:07:57und wollte nur nach Haus zurück.
01:08:04Bei all den Leckerbissen,
01:08:06die Kalypso dem Helden kochte und auftischte,
01:08:08da kann man schon in die Breite gehen.
01:08:10Aber auf alle Fälle,
01:08:12Odysseus sagte sich,
01:08:14so kann's nicht weitergehen.
01:08:16Ich will heim zu meiner ranken und schlanken Penelope.
01:08:19Aber was half das Heimweh
01:08:21ohne Schiff auf der einsamen Insel?
01:08:25Athene, die Odysseus sah,
01:08:27gefangen auf Ogygia,
01:08:29klagt dieses Zeus.
01:08:31Der schickt sofort den Hermes
01:08:33als Kurier nach dort.
01:08:35In meinem Namen, Richter aus Kalypso,
01:08:37lass den Mann nach Haus.
01:08:38Nach Hermes, Mann nach Hause.
01:08:40Odysseus, Enkelsohn, ich sause.
01:08:44Er nahm den Außenbordmotor
01:08:46und legte tausend Sachen vor.
01:08:48Bei diesem Tempo
01:08:50kam er gleich zu der Kalypso-Insel reich.
01:08:52Dort saß Odysseus
01:08:54und war gerade beim Jammern drunten am Gestade.
01:08:57Doch Hermes ging zur Nymphengrotte.
01:09:00Kalypso öffnete dem Gotte,
01:09:02der grüßte und sprach,
01:09:04schön ist's hier.
01:09:06Und sie,
01:09:08komm zu mir.
01:09:10Ich will dir jeden Wunsch erfüllen.
01:09:12Das würde ich nicht so lauthals brüllen.
01:09:14Es lässt dir Zeus durch mich vermelden,
01:09:16du sollst dich trennen von dem Helden.
01:09:18Drum schick Odysseus heim, Kalypso.
01:09:20Oh, Hermes,
01:09:22ich stehe doch auf dem Typ so.
01:09:24Kalypso, gerade du als Nymphe
01:09:26weißt sicher,
01:09:28Zeus hält alle Trümpfe.
01:09:30Wer wollte sich dagegen wehren
01:09:32und lass dich auch von mir belehren.
01:09:34Versuche keinen Mann zu halten,
01:09:36will er partout zu seiner Alten.
01:09:38Kalypso Zorn entbrannt.
01:09:40Da zieht man einen Mann an Land,
01:09:42etwas für Zeit und Ewigkeit,
01:09:44schon platzt man im Olymp vor Neid.
01:09:47So sagt der göttlichen Verwandtschaft,
01:09:49ich schick sie heim,
01:09:51meine Bekanntschaft.
01:09:53Das mach, sprach Hermes.
01:09:55Hilf dem Mann,
01:09:57damit dir Zeus nicht zürnen kann.
01:09:59Und also dann empfehle ich mich.
01:10:02Sie aber rief den Held zu sich und sprach,
01:10:05du willst, soweit ich sehe,
01:10:07nur fort zu der Penelope.
01:10:09Dies wirst du sicher noch bedauern
01:10:11bei den Gefahren, die auf dich lauern.
01:10:13Doch geh nur,
01:10:15mit ein bisschen Glück kommst du nach Ithaka zurück.
01:10:17Drauf sprach der Held,
01:10:19wie diese Milde,
01:10:21du führst bestimmt etwas im Schilde.
01:10:23Ich trau dir nicht, es tut mir leid,
01:10:25schwörst du nicht einen heilgen Eid?
01:10:28Da lacht die Nymphe,
01:10:30ich will's schwören
01:10:32und auch ein Schiff soll dir gehören.
01:10:34Hier hast du Werkzeug,
01:10:36Axt und Beil, hier Nägel,
01:10:38Klammern, Tuch und Seil.
01:10:40Such dir die stärksten Bäume aus
01:10:42und bastle dir ein Boot daraus.
01:10:44Das tat Odysseus.
01:10:46Er fällt Bäume, fügt Balken
01:10:48und stopft Zwischenräume,
01:10:50pflicht Weiden,
01:10:52um die beiden Seiten des Bootes damit zu verkleiden.
01:10:54Kurzum, er baute sich ein Floß,
01:10:56fast wie ein Lastkern, knapp so groß.
01:10:59Vier Tage bastelt er am Boote
01:11:01nach der Do-it-yourself-Methode.
01:11:04Dann bracht die Nymph noch Proviant
01:11:07und schüttelte das Helden Hand.
01:11:09So leb denn wohl, mein Freund, und geh.
01:11:12Odysseus aber stach in See,
01:11:15froh nach zehn Jahren aufzubrechen,
01:11:18wofür die Albumverse sprechen.
01:11:21Das allerschönste Paradies
01:11:24wird auf die Dauer zum Verlies.
01:11:32Odysseus fuhr mit prallem Segel
01:11:35und dachte an Kalypso's Regel.
01:11:38Soll deine Fahrt nach Osten gehen,
01:11:41so musst du nach den Sternen sehen.
01:11:44Der Bär, von dem auch manche sagen,
01:11:47er gleiche einem großen Wagen,
01:11:49der stets Orion zugewandt,
01:11:51er stehe Backbords, linke Hand,
01:11:54und ebenso auch die Plejaden.
01:11:56Odysseus tat, wie ihm geraten,
01:11:58und fuhr gerade 18 Tage,
01:12:01da kam der Meergott
01:12:03vom Gelage voll süßen Weines übers Meer
01:12:06aus Äthiopien daher
01:12:08und sah Odysseus heimgewendet,
01:12:11ihn, der einst seinen Sohn geblendet.
01:12:14Das hat Poseidon arg verdrossen.
01:12:17Er dachte sich,
01:12:19ist auch beschlossen,
01:12:21dass er nach Hause kehren soll,
01:12:23so hindert dies nicht,
01:12:25meinen Groll an ihm noch etwas auszulassen.
01:12:28Er kam aus den Wassermassen
01:12:30mit seinem Dreizack rudernd auf,
01:12:32rief die Orkane rings zu Hauf,
01:12:34die kamen dann auch angeflogen
01:12:36und türmten stürmend auf die Wogen.
01:12:39Den Helden spülte es von Deck.
01:12:42Der tauchte unterm Floß hinweg,
01:12:45wobei die Kleider vollgesogen
01:12:47an ihm wie Bleigewichte zogen.
01:12:49Noch kriegte er das Schiff zu fassen
01:12:51und tauchte aus den Wassermassen.
01:12:54Da sah er,
01:12:56wie das Ungewitter
01:12:58das Boot trieb es wie Laub umher.
01:13:03Ach, hätt mich doch,
01:13:05so klagte er,
01:13:07vor Troja schon des Todes Blesse ereilt,
01:13:10anstatt in dieser Nässe.
01:13:13Zu seinem Glück tauchte nun,
01:13:16vergleichbar einem Wasserhuhn,
01:13:18die Göttin Leukothea auf.
01:13:20Die setzte sich aufs Floß mit drauf
01:13:23und sprach,
01:13:25du hast den Gott verstimmt,
01:13:26er ist ein Wunder, wenn er Übel nimmt.
01:13:28Doch so willst, Zeus,
01:13:30du kehrst nach Haus.
01:13:32Drum ziehe deine Kleider aus,
01:13:34dann nimm den Schleier,
01:13:36spring von Bord,
01:13:38du wirst schon sehen,
01:13:40er trägt dich fort.
01:13:42Doch nach der Rettung,
01:13:44denk an mich
01:13:46und wirf den Schleier hinter dich.
01:13:48Und Isoys,
01:13:50dem es sonst behagte zu tun,
01:13:52was eine Göttin sagte,
01:13:54sprach, nein,
01:13:56und in der Flut,
01:13:58da war der Göttin Schleier gut.
01:14:01Er hat ihn um die Brust gewunden
01:14:03und so den Rettungsring erfunden,
01:14:05wohl von der Göttin inspiriert,
01:14:07was danach zu dem Satz geführt,
01:14:10so manches,
01:14:12was die Welt bewegt,
01:14:14ward erst von Frauen angeregt.